
Salz greift in Zellmechanismen ein und bremst Immunzellen aus – Foto: © Adobe Stock/ adrian_ilie825
Zu viel Salz ist schlecht für die Nieren und begünstigt Bluthochdruck. Das Nachsalzen von Nahrung ist aber offenbar noch aus einem weiteren Grund nicht gesund. Forscher aus Berlin berichten jetzt, dass erhöhte Natriumkonzentrationen im Blut die Energieproduktion in den Mitochondrien dämpfen, den Kraftwerken der Zelle. Und das wiederum hat Folgen für Immunzellen: Wegen des Energiemangels reifen die Monozyten, das sind Vorläuferzellen der Makrophagen (Fresszellen), anders aus.
„Die Fresszellen, deren Aufgabe es ist, Krankheitserreger im Körper aufzuspüren und zu beseitigen, konnten einerseits Pathogene besser bekämpfen“, beschreibt Professor Dominik Müller vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin MDC das Ergebnis eines Experiments. „Andererseits könnten Entzündungsprozesse dadurch eher gefördert werden, was unter Umständen das kardiovaskuläre Risiko erhöht“, so Müller.
Kochsalz beeinträchtigt Zellstoffwechsel
In dem Experiment sahen sich die Forscher im Labor den Stoffwechsel von Immunzellen an, die zuvor erhöhten Salzkonzentrationen ausgesetzt waren. Schon nach drei Stunden zeigte sich, dass die Atmungskette unterbrochen war, die Zellen weniger Sauerstoff verbrauchten und weniger Adenosin-Triphosphat (ATP) produzierten. ATP ist der universelle Kraftstoff aller Zellen, er liefert Energie für die Muskelkraft und die Regulation des Stoffwechsels. Gewonnen wird ATP in den Mitochondrien, den „Kraftwerken“ der Zelle, mit Hilfe einer komplexen Folge von biochemischen Reaktionen – der Atmungskette. „Kochsalz inhibiert sehr spezifisch den Komplex II der Atmungskette“, sagt Erstautorin der Studie Dr. Sabrina Geisberger vom MDC.
Dämpfender Effekt auf die Mitochondrien
Den Laborexperimenten folgten zwei weitere Studien. Am ECRC, einer gemeinsamen Einrichtung des MDC und der Charité, wurden gesunde Männer gebeten, 14 Tage lang zusätzlich zu ihrer gewohnten Nahrung täglich sechs Gramm Kochsalz in Form von Salztabletten zu sich zu nehmen. In einer anderen klinischen Studie verzehrten die Probanden eine Pizza. Anschließend analysierten die Forscher den Zustand der Monozyten im Blut der Probanden. Das Ergebnis: Der dämpfende Effekt auf die Mitochondrien zeigte sich nicht nur bei der längerfristig erhöhten Salzzufuhr, sondern schon nach einmaligem Pizzagenuss. Wie lange er anhält, zeigten die Daten des Pizza-Experiments. Den Probanden wurde nach drei und acht Stunden Blut abgenommen: In der zweiten Probe war der Effekt kaum noch messbar.
Dauerhaft hoher Salzkonsum könnte Entzündungen und Autoimmunerkrankungen begünstigen
„Das ist auch gut so. Denn wäre es zu einer langanhaltenden Störung gekommen, müsste man sich Sorgen machen, dass die Zellen längerfristig nur eingeschränkt mit Energie versorgt werden“, sagt Dominik Müller. Die Mitochondrien-Aktivität ist demnach nicht dauerhaft gehemmt. Dass es zu Akkumulationseffekten kommt, wenn Menschen mehrmals am Tag stark salzige Mahlzeiten zu sich nehmen, wollen die Forscher jedoch nicht auszuschließen. Demnach könnte ein regelmäßiger hoher Salzkonsum nicht nur das kardiovaskuläre Risiko erhöhen, sondern auch entzündliche Erkrankungen an Gefäßen, an Gelenken oder Autoimmunerkrankungen fördern.
Mehrere Studien hatten bereits gezeigt, dass Salz Immunzellen auf verschiedenste Weise beeinflussen kann. Weitere Untersuchungen sollen nun folgen.