"Wir haben das Ohr am Puls des Gesundheitswesens"
Herr Professor Ekkernkamp, Sie leiten seit zehn Jahren das Deutsche Ärzteforum auf dem Hauptstadtkongress. Lohnt der Aufwand?
Ekkernkamp: In jedem Fall. Zugegeben: Als mich 2000 die Bundesärztekammer gebeten hatte, das Ärzteforum als Teil des Hauptstadtkongresses aufzubauen, war ich zunächst nur mässig begeistert. Das ukb befand sich damals noch im Aufbau und ich hatte eigentlich ganz andere Sorgen. Aber es hat sich schnell gezeigt, dass es gut und richtig war, diese Aufgabe zu übernehmen.
Was treibt Sie?
Ekkernkamp: Die Entscheidungen von morgen werden heute beim Hauptstadtkongress vorbereitet. Nirgendwo sonst treffen sich so viele Entscheider der unterschiedlichen Interessensgruppen auf einem Raum, nirgendwo sonst findet so ein interprofessioneller Meinungsaustausch zwischen Ärzten, Klinikmanagern, Pflegefachkräften und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Kassen und Verbänden statt. Aus berufspolitischer Sicht ist der Hauptstadtkongress der wichtigste Termin im Jahr.
Mehr als 8 000 Besucher und jede Menge Politprominenz sind traditionell vor Ort. Was konnte der Kongress in der Vergangenheit konkret bewegen?
Ekkernkamp: Das Ärzteforum ist wie der gesamte Hauptstadtkongress eine Keimzelle für neue Ideen und Entwicklungen. Hier wurde vor ein paar Jahren der Begriff "Gesundheitswirtschaft" geprägt, hier wurde zum ersten Mal die Vergütung nach BAT in Frage gestellt oder es wurden entscheidende Weichen für die Zukunft der Hochschulmedizin gestellt. Dies sind nur ein paar Beispiele, ich könnte Ihnen noch mehr aufzählen.
Schon in Ordnung. Kommen wir zur Gegenwart, was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Themen in diesem Jahr?
Ekkernkamp: Hoch aktuell ist etwa das Thema Datenschutz in Krankenhäusern. Wie Sie vielleicht wissen, hat der Berliner Datenschutzbeauftragten Dr. Alexander Dix im Januar ein Eckpunktepapier vorgelegt, in dem zum Beispiel gefordert wird, dass nur die Fachabteilung, die den Patienten behandelt hat, die elektronisch gespeicherten Daten einsehen darf. Da aber die meisten Krankenhäuser heute eine fachübergreifende Versorgung und elektronische Krankenhausinformationssysteme haben, können wir diese Forderung so nicht stehen lassen.
Der Datenschützer Dr. Dix war zu Gast auf dem Ärzteforum ...
Ekkernkamp: Wir sind froh, dass wir Herrn Dr. Dix für das Ärzteforum gewinnen konnten, und hatten eine echt spannende Diskussion darüber, wie der Spagat zwischen zunehmender Transparenz und individuellen Patientenrechten vollzogen werden kann. Der politische Entscheidungsprozess ist derzeit in vollem Gange. Da war es extrem wichtig, dass sich das Ärzteforum im Mai in die Debatte eingeklinkt hat.
Welche Themen haben denn die Besucher am meisten bewegt?
Ekkernkamp: Das mit Abstand grösste Interesse bestand an unseren Veranstaltungen "Arzt als Manager", "MVZ - Kaum gestartet, schon ein Auslaufmodell?" und "die Zukunft der Hochschulmedizin". Ausserdem sind die Veranstaltungen rund um neue Gesundheitsberufe seit Jahren ein Dauerbrenner. Pflege oder Physiotherapie werden zunehmend akademisiert, das verändert radikal die traditionelle Rollenverteilung in der Medizin.
Wenn man sich die Themenvielfalt so anschaut, lässt sich kein roter Faden erkennen. Ist das Absicht?
Ekkernkamp: Genau die Themenvielfalt ist es, die den Charme des Kongresses ausmacht. Wir wollen ja gerade über den Tellerrand blicken und wissen, was in anderen Berufsgruppen los ist. Wissen, was läuft - das könnte der rote Faden sein. Im Übrigen sind auf dem Hauptstadtkongress über 150 Journalisten akkreditiert. Das, was wir hier diskutieren, trägt also auch zur öffentlichen Meinungsbildung bei.
Hauptamtlich sind Sie Ärztlicher Direktor des ukb. Inwieweit kann das Unfallkrankenhaus von Synergien profitieren?
Ekkernkamp: Das ukb ist jung, modern und Deutschlands erstes voll digitalisiertes Krankenhaus. Die Patienten erwarten einfach von uns, dass wir auf der Höhe der Zeit sind - und vielleicht sogar einen Schritt voraus. Da passt es gut, dass der Ärztliche Direktor, das Ohr am Puls des Gesundheitswesens hat.