Wie Salz den Blutdruck erhöht: Darmflora spielt eine Rolle
Mehr als fünf Gramm Kochsalz am Tag sollte ein gesunder Erwachsener nicht zu sich nehmen, das empfiehlt die WHO. Doch in den westlichen Ländern wird der Wert regelmäßig überschritten. Vor allem Fertigprodukte enthalten deutlich zu viel Salz. Das treibt den Blutdruck in die Höhe. Doch auf welche Weise das geschieht, war bislang weitgehend unklar.
Der Nephrologe Dr. Nicola Wilck von der Charité Berlin untersuchte die dahinterstehenden Mechanismen und zeigte, dass Veränderungen der Darmflora hierbei eine wesentliche Rolle spielen. Für seine im Fachmagazin Nature veröffentlichte Studie erhielt er den Theodor-Frerichs-Preis der Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin. Er ist mit 30.000 Euro dotiert.
Entzündungsfördernde T-Zellen werden aktiviert
Lange nahm man an, die blutdrucksteigernde Wirkung des Kochsalzes - besser: des in ihm enthaltenen Natriums - würde über die Nieren und das sympathische Nervensystem vermittelt. In jüngster Zeit mehren sich Hinweise darauf, dass auch das Immunsystem an diesem Prozess beteiligt ist.
So steigt die Aktivität entzündungsfördernder T-Zellen unter Kochsalzeinfluss. Besonders eine Gruppe, die so genannten Interleukin-17A-produzierenden CD4-positiven T-Helfer-Zellen ( Th-17), wurden in Studien durch einen hohen Salzkonsum aktiviert und werden daher mit der Entstehung von Bluthochdruck verbunden.
Auch bei Autoimmunerkrankungen wie der Multiplen Sklerose (MS) zeigte sich in Tierversuchen ein Zusammenhang zwischen hohem Salzkonsum, einer Aktivierung der Th-17-Zellen und einer Verschlechterung der Krankheit, heißt es weiter in einer Pressemitteilung.
Wie Salz den Blutdruck erhöht: Darmflora spielt eine Rolle
An dieser Stelle kommt ein weiteres mögliches Bindeglied zwischen Salz und Blutdruck ins Spiel: Die Zusammensetzung des Darmflora, also der Gesamtheit der Bakterien im Darm, verändert sich in Abhängigkeit von der Ernährung. Gerade die Th-17-Zellen sind besonders empfindlich gegenüber solchen Veränderungen.
Im Rahmen der ausgezeichneten Studie richteten Wilck und seine Kollegen ihr Augenmerk zunächst darauf, wie das Mikrobiom von Mäusen auf eine hohe Kochsalzzufuhr reagiert. Wie sich zeigte, nahmen einige Bakterienarten unter der salzreichen Ernährung zu, andere nahmen ab oder verschwanden ganz.
Milchsäurebazillen mildern Effekt salzreicher Diät
Besonders der Verlust von Milchsäurebakterien war dabei bedeutsam: Wurden diese wieder zugeführt, milderte das die negativen Effekte einer salzreichen Diät. Bei den so behandelten Mäusen fiel der Blutdruckanstieg wesentlich geringer aus. Auch die unter Salzeinfluss auftretende Verschlimmerung einer MS-ähnlichen Erkrankung wurde aufgehoben.
Zuletzt konnten die Wissenschaftler Hinweise darauf sammeln, dass ihre Ergebnisse sich auch auf den Menschen übertragen lassen: Bei gesunden Probanden stieg unter salzreicher Kost der Blutdruck, die Zahl der Th-17-Zellen nahm zu, die der Lactobazillen ab.
Anstoß zu möglichen neuen Therapien des Bluthochdrucks
"Es ist beeindruckend, mit welcher Konsequenz der Preisträger sowohl biochemische, als auch tierexperimentelle und klinische Aspekte seiner Fragestellung untersucht hat", sagt Prof. Ulrich Fölsch, Generalsekretär der DGIM. Nun bleibe noch zu klären, ob sich die Ergebnisse der Pilotstudie in weiteren Untersuchungen bestätigen und inwiefern sich neue Therapien des Bluthochdrucks daraus ableiten lassen.
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