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Wie gefährlich ist Plastik für unsere Gesundheit?

Mittwoch, 12. Dezember 2018 – Autor:
Eine Welt ohne Plastik ist kaum mehr vorstellbar. Trotzdem weiß man über die Gesundheitsgefahren noch wenig. Doch es gibt ein paar alarmierende Befunde.
Plastik, Gesundheit

Die Gesundheitsrisiken durch Mikroplastik sind noch nicht ganz verstanden, wohl aber für etliche Chemikalien wie Weichmacher – Foto: ©Bits and Splits - stock.adobe.com

Mitte November wurde an Indonesiens Küste ein toter Wal angespült. Woran der Meeresssäuger genau gestorben ist, konnten die Helfer nicht mehr feststellen. Fakt ist, dass im Magen des Wals fast sechs Kilogramm Plastik gefunden wurden, darunter 25 Plastiktüten, ein Nylonsack, 115 Plastikbecher, zwei Flip-Flops, ein Nylonsack und 1.000 weitere Plastikteile.

Das Beispiel aus Indonesien zeigt besonders drastisch, was passiert, wenn wir unsere Ozeane als Müllkippe benutzen. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass jedes Jahr rund 30 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren landen.

Anders als viele glauben verrotten die Kunststoffe dort aber nicht, sondern werden mit der Zeit lediglich in immer kleinere Fragmente zerlegt. Sind diese Plastikreste kleiner als fünf Millimeter, spricht man von „Mikroplastik“. Forscher konnten inzwischen in allen Weltmeeren Miroplastik nachweisen – und nicht nur dort: Auch in beliebten Speisefischen wie Heringen und Makrelen sowie Schalentieren wie Krebsen und Krabben wurde bereits Mikroplastik gefunden. Die höchsten Konzentrationen fanden sich im Magendarmtrakt (der in der Regel nicht verzehrt wird), jedoch waren in einigen Studien kleinste Plastikteilchen auch in Blut, Lymphe und sogar in der Leber nachweisbar.

Vom Fischbrötchen in den Magen

Dass winzige Plastikpartikel vom Fischbrötchen in den menschlichen Magen gelangen, ist also mehr als wahrscheinlich. Tatsächlich konnten Forscher aus Österreich im Oktober erstmals Mikroplastik im Menschen nachweisen: In den Stuhlproben von acht Teilnehmern aus acht verschiedenen Ländern fanden die Forscher neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometern. Am häufigsten fanden sich PP (Polypropylen) und PET (Polyethylenterephthalat) in den Proben. Alle Teilnehmer hatten zuvor sowohl Fisch und Meeresfrüchte als auch in Plastik verpackte Lebensmittel oder Getränke aus PET-Flaschen zu sich genommen.

Noch weiß man nicht genau, was das Mikroplastik im Körper mit unserer Gesundheit macht. Die Forschung steht hier noch ganz am Anfang. „Die Auswirkungen der gefundenen Mikroplastikpartikel auf den menschlichen Organismus – insbesondere auf den Verdauungstrakt – können erst im Rahmen einer größer angelegten Studie erforscht werden“, sagt der Erstautor der Studie Philipp Schwabl von der Medizinischen Universität Wien. Allerdings gebe es erste Hinweise, dass Mikroplastik Entzündungsreaktionen und Verletzungen im Magen-Darm-Trakt begünstigen könne.

Achselzucken bei den Behörden

Weder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) liegen bislang Erkenntnisse vor, ob und wie Mikroplastik die menschliche Gesundheit beeinträchtigt. Es fehlten belastbare Daten, heißt es. Gleichwohl sei der Forschungsbedarf groß.

Mikroplastik steckt nämlich nicht nur in Fischen und Meerestieren, sondern auch in vielen anderen Nahrungsmitteln. Eine Untersuchung von Orb Media in Zusammenarbeit mit der State University of New York zeigte dies kürzlich für elf Sorten Mineralwasser auf, darunter auch eine deutsche Marke. 93 Prozent der Proben waren mit Plastikteilchen von 0,1 Millimetern und kleiner verunreinigt. Unter den identifizierten Stoffen befanden sich Polyethylenterephthalat (PET) und Polypropylen, also jene Materialen, die häufig in Plastikflaschen bzw. Flaschenverschlüssen stecken. Die Wissenschaftler vermuten, dass sich die Partikel, die bei der Herstellung der Plastikflaschen entstehen, später im Wasser auflösen und so in den menschlichen Körper gelangen.

Warnung vor endokrinen Disruptoren

Auch wenn die gesundheitlichen Folgen noch nicht bekannt sind, gibt es gute Gründe, mit Plastik und Plastikverpackungen sparsam umzugehen: Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) warnt schon lange vor sogenannten endokrinen Disruptoren wie Weichmachern und Bisphenol A (BPA), die in vielen Kunststoffen enthalten sind. Vom Plastikgeschirr oder Lebensmittelverpackungen wie eben der Plastikflasche können die Chemikalien leicht auf die Nahrung übergehen. Endokrine Disruptoren greifen in das Hormonsystem ein und werden mit zahlreichen Erkrankungen und Entwicklungsstörungen in Verbindung gebracht: Darunter Unfruchtbarkeit, Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, ADHS, Kreidezähne sowie endokrine, also hormonell bezogene Krebsformen von Prostata, Brust und Schilddrüse. Laut DGE spielen die Chemikalien vermutlich auch bei der Entwicklung des kindlichen Nervensystems, der Knochen und des Immunsystems sowie bei Genitalmissbildungen eine große Rolle.

Da es immer ein Ursachenbündel für die Entstehung von Krankheiten gibt, ist das genaue Ausmaß der gesundheitlichen Auswirkungen zurzeit nur schwer einschätzbar. Aber wer den Rat der Fachgesellschaft befolgt, so wenig wie möglich `Verpacktes´ zu kaufen, tut mit Sicherheit seiner Gesundheit und der Umwelt etwas Gutes.

Die Gefahr steckt auch in Spielzeug und Zahnpasta Kosmetik ebenfalls belastet

Endokrine Disruptoren sind darüber hinaus auch in Plastikspielzeug enthalten. Zwar gibt es für insgesamt sechs Phthalat-Weichmacher gesetzlich festgelegte Grenzwerte, doch immer wieder kommen Spielzeuge in den Handel, die die Grenzwerte überschreiten. Die Verbraucherzentrale rät, nur PVC-freies Spielzeug zu kaufen und bei auffälligem Geruch, die Finger davon zu lassen.

Selbst in Zahnpasta, Seifen, Duschgels, Shampoos und vielen anderen Kosmetikartikeln stecken die ungesunden Stoffe. Zum Beispiel stehen das in Zahnpasta und Seifen verwendete Triclosan oder Parabene in Shampoos und Duschgels unter Verdacht, hormonelle Störfaktoren zu sein.

Dass sich in Pflegeprodukten außerdem Mikroplastik tummelt, ist bekannt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat aber offenkeine Bedenken: Ein gesundheitliches Risiko sei eher unwahrscheinlich, teilt das BfR in einer Stellungnahme mit.

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