Wichtiger Auslöser für Multiple Sklerose entdeckt

Bei MS wird die Übertragung zwischen den Nervenzellen gestört
Multiple Sklerose (MS) ist eine der häufigsten Erkrankungen des Zentralen Nervensystems. Dabei wird aus bisher unbekannten Gründen das Myelin, das eine schützende Hülle um die Nervenfasern bildet, durch körpereigene Abwehrzellen zerstört. Nun haben Forscher einen wichtigen Auslöser für die Erkrankung entdeckt. Die Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) konnten gemeinsam mit Kollegen von der Universität Münster einen Zusammenhang zwischen dem Blutgerinnungssystem und der Entstehung von MS nachweisen. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.
Blutgerinnungsfaktor ist bei akutem Schub erhöht
Die Forscher um Professor Christoph Kleinschnitz, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen, konnten nachweisen, dass ein bestimmter Bestandteil des Blutgerinnungssystems, der Blutgerinnungsfaktor XII (FXII), für die MS-Entstehung mitverantwortlich ist. Bei ihren Nachforschungen zeigte sich, dass der FXII-Spiegel im Blut von MS-Patienten während eines akuten Krankheitsschubes besonders hoch ist. Zudem entwickelten MS-kranke Mäuse ohne FXII-Gen deutlich weniger neurologische Ausfallsymptome im Vergleich zu MS-Mäusen mit dem FXII-Gen. Bei ersteren bildeten sich weniger Interleukin-17A produzierende T-Zellen, die eine zentrale Rolle in der MS-Entstehung spielen.
Darüber hinaus konnten die Forscher belegen, dass FXII das Immunsystem bei Multipler Sklerose über bestimmte sogenannte Antigen-präsentierende Zellen aktiviert, die Dendritischen Zellen. „Unter therapeutischen Gesichtspunkten hochspannend und relevant erscheint die Tatsache, dass wir im Tiermodell FXII durch eine neuartige Substanz (das Protein Infestin-4) hemmen konnten, das ursprünglich aus einer blutsaugenden Raubwanze gewonnen wurde“, so Kleinschnitz. Die Blockade des FXII mittels Infestin-4 war auch dann noch wirksam, wenn die neurologischen Symptome bereits ausgebrochen waren.
Hoffnung auf neue Therapieansätze gegen MS
Die Forscher hoffen, dass sich aus ihren Erkenntnissen neue Ansätze für eine MS-Therapie finden lassen. Dafür sollen nun weitere Tests mit Infestin-4 folgen. „Wir wollen allerdings keine falschen Hoffnungen wecken“, betont Kleinschmitz. Bis tatsächlich ein Medikament zur Verfügung stehe, werde es noch einige Zeit dauern.
Multiple Sklerose bricht meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr aus. Je nachdem, welche Hirnareale betroffen sind, reichen die Symptome von Missempfindungen über Seh- und Gleichgewichtsstörungen bis hin zu Lähmungen. Welche Symptome ein Patient entwickeln wird und wie sein Verlauf aussehen wird, kann nicht vorhergesagt werden. Daher wird MS auch als „Krankheit mit den 1000 Gesichtern“ bezeichnet.
Foto: © Sagittaria - Fotolia.com