Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Weniger Selbstmorde in Europa

Donnerstag, 28. November 2013 – Autor:
In reichen Ländern werden laut OECD-Gesundheitsreport immer mehr Antidepressiva verordnet. Ob es aber tatsächlich einen Zusammenhang zwischen den steigenden Verschreibungsraten und der sinkenden Zahl der Selbstmorde in Europa gibt, ist umstritten.
Weniger Selbstmorde in Europa

In Europa hat sich die Selbstmordrate seit 1980 fast halbiert

Die gute Nachricht vorweg: Die Selbstmordrate in Europa ist in den letzten 30 Jahren drastisch gesunken. Nahmen sich vor 30 Jahren 18.000 Menschen pro Jahr das Leben, sind es heute nur noch 10.000. Wie der aktuelle OECD-Gesundheitsreport „Health at a Glance 2013" zeigt, sind unterdessen die Verschreibungsraten von Antidepressiva in den letzten zehn Jahren in vielen OECD-Ländern erheblich gestiegen. Darunter auch Deutschland. Hier wurden im Jahr 2000 noch 20 Tagesdosen je 1000 Einwohner verschrieben, 2011 waren es dagegen schon 50 Tagesdosen.

Da 90 Prozent aller Suizide vor dem Hintergrund einer psychiatrischen Erkrankung erfolgen, haben Wissenschaftler nun den Zusammenhang zwischen den steigenden Verschreibungsraten von Antidepressiva und den Selbstmordraten in 29 europäischen Ländern untersucht. Sie fanden heraus, dass die Suizidraten besonders in den europäischen Ländern deutlich zurückgegangen sind, die die größten Zunahmen in der Verschreibungshäufigkeit von Antidepressiva verzeichnen. Eine Ausnahme machte als einziges Land Portugal.

Mehr Menschen mit Depressionen suche heute Hilfe

Doch so augenscheinlich der Zusammenhang ist: Experten von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe sind der Ansicht, dass die Ergebnisse noch nicht den Rückschluss auf einen direkten kausale Beziehung zulassen. „Die vermehrte Verschreibung von Antidepressiva könnte zum Beispiel auch generell ein verändertes Hilfesuchverhalten von depressiv erkrankten Menschen anzeigen“, sagt Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung. Die Zunahme der Häufigkeit von Frühberentungen oder Arbeitsunfähigkeitstagen wegen psychischen Erkrankungen seien weitere Belege, dass sich heute mehr Menschen mit Depressionen Hilfe holten als früher.

Depressionen galten lange als Tabu-Erkrankung und wurden häufig verschwiegen. Und von Ärzten wurde die Diagnose oft übersehen, weil sich nicht selten dahinter körperlichen Beschwerden verstecken. In den letzten Jahren hat sich das allerdings deutlich geändert. „Die Zunahme der Diagnosehäufigkeit depressiver Erkrankungen und auch die Zunahme der pharmako- und psychotherapeutischen Behandlungen ist vor diesem Hintergrund ein sehr erwünschtes Phänomen und weder Ausdruck einer generellen Zunahme der Depressionshäufigkeit in der Allgemeinbevölkerung noch einer Überversorgung“, so Hegerl.

Studien zeigen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Selbstmordrate

Die Autoren des OECD-Gesundheitsreports „Health at a Glance 2013 sehen indes auch einen Zusammenhang zwischen Finanzkrise und Depressionen. Verschiedene Untersuchungen hatten gezeigt, dass es einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Suizidraten und dem Ausmaß der Arbeitslosigkeit in den jeweiligen Ländern gibt. In stark von der Finanzkrise getroffenen Ländern wie Spanien und Portugal sind laut OECD-Report zudem die Verschreibungsraten von Antidepressiva in den vergangenen Jahren um 20 Prozent gestiegen. 

Foto: DAK 

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Depression , Antidepressiva , Suizid

Weitere Nachrichten zum Thema Depressionen

15.10.2019

Ein Antibiotikum kann depressives Verhalten vermindern – das zeigt eine aktuelle Studie. Wirksam ist dabei offenbar eine Veränderung der Darmflora und eine daraus resultierende Hemmung von Entzündungsprozessen im Gehirn.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin