Wegen Covid-19 im Krankenhaus: Über 50 Prozent der Pflegeheimbewohner überleben das nicht

Die Mehrheit der Pflegeheimbewohner, die wegen Covid-19 ins Krankenhaus müssen, kehrt einer aktuellen Studie zufolge nicht zurück. – Foto: AdobeStock/Andreas Gruhl
Alte und Pflegebedürftige in Heimen gehören zu den klareren „Verlierern“ der Corona-Pandemie. So hart formulieren es Wissenschaftler, die die Sterberate von Pflegeheimbewohnern untersucht haben, die aufgrund von Covid-19 zur Behandlung ins Krankenhaus mussten. Das Ergebnis der jetzt im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Auswertung von Abrechnungsdaten zeigt: 58 Prozent der stationär aufgenommenen alten Patienten überlebten im Schnitt die folgenden 90 Tage nicht.
Zweite Corona-Welle: Sterberisiko am größten
Am größten war das Sterberisiko der Studie zufolge während der zweiten Infektionswelle der Corona-Pandemie. Hier betrug es 59 Prozent. In der ersten und dritten Welle lag es mit 53 Prozent beziehungsweise 52 Prozent etwas niedriger. Für die Untersuchung wurden Abrechnungsdaten von im Pflegeheim lebenden AOK-versicherten Pflegebedürftigen ausgewertet – in einem gemeinsamen Projekt des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Berliner Charité.
Diese Vor-Erkrankungen erhöhten das Sterberisiko im Krankenhaus
Das Risiko zu sterben, war der Expertise zufolge bei Männern größer als bei Frauen. Ein besonders hohes Sterberisiko hatten demnach Bewohner mit den folgenden Vorerkrankungen oder Therapien:
- Niereninsuffizienz
- Demenz
- Blutkrebs-Erkrankungen
- immunsuppressive Therapien
- vorausgegangene Organtransplantation.
Sterberate bei „gesunden“ Heimbewohnern ums Vierfache niedriger
Da Pflegeheimbewohner am Ende ihres Lebens stehen und im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ohnehin ein erhöhtes Sterberisiko aufweisen, verglichen die Forscher die Gruppe der ins Krankenhaus Eingelieferten mit Stichproben aus Pflegeheimbewohnern ohne Covid-19-assoziierten Krankenhausaufenthalt. Das Ergebnis: Bei den Heimbewohnern, die gesund blieben, lag die Rate der Verstorbenen bei unter 10 Prozent.
Projektleiterin Kuhlmey: „Alte sind Verlierer der Pandemie“
Die Leiterin des Forschungsprojekts an der Berliner Charité, Adelheid Kuhlmey, fand deutliche Worte für das Ergebnis der jetzt vorgelegten Studie. „Die Pandemie hat viele Verliererinnen und Verlierer“, sagte Kuhlmey. „Die Auswertung belegt erneut, dass zu ihnen insbesondere die Alten und Pflegebedürftigen in den Heimen zählen. Es ist ein ethischer Auftrag, aus den Ergebnissen Lehren für die zukünftige Ausgestaltung der Versorgung in den Pflegeeinrichtungen zu ziehen.“
Hohe Sterberate: Wissenschaftler betonen Bedeutung einer Impfpflicht in Gesundheitseinrichtungen
Ähnlich deutlich äußerte sich Antje Schwinger, Projektleiterin auf Seiten des WIdO. Die Ergebnisse belegten eindrucksvoll, wie gefährdet und vulnerabel die Bewohner von Pflegeeinrichtungen in der Pandemie seien. „Der Schutz dieser Menschen durch Impfungen bleibt besonders wichtig", sagt Pflegeforscherin Schwinger. „Vor diesem Hintergrund erscheinen die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und die neuen Maßnahmen zur Erfassung des Impfstatus in den Pflegeeinrichtungen mehr als plausibel.“
In die jetzt vorgelegte Auswertung sind nach Angaben des WIdO 13.899 Covid-19-bedingte Krankenhausfälle eingeflossen. Dies entspricht 64 Prozent der insgesamt an das Robert Koch-Institut übermittelten hospitalisierten Covid-19-Fälle aus Pflegeeinrichtungen. Basis der Analyse waren die Abrechnungsdaten von über 440.000 AOK-versicherten Pflegebedürftigen ab 60 Jahren. Für den Vergleich mit den Sterbequoten der Vorjahre 2015 bis 2019 wurden die Daten von insgesamt 1.070.000 Personen ausgewertet.