Warum gute Freunde so wichtig für die Gesundheit sind

Freunde stärken die Zufriedenheit und bieten Unterstützung in Krisenzeiten – Foto: ©seventyfour - stock.adobe.com
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Seine neuronalen, genetischen und hormonellen Strukturen haben sich im Einklang mit dem Leben in Gemeinschaften ausgebildet, und das Bedürfnis nach Gemeinschaft ist tief in seinen genetischen Strukturen verankert. Dauerhaft im Widerspruch zu diesem Grundbedürfnis zu leben, kann krank machen.
In sozialen Strukturen zu leben, ist also „normal“ für uns – und Freundschaften sind eine wichtige Form dieses sozialen Lebens. Studien zeigen: Freundschaften wirken Stress entgegen, stärken das Wohlbefinden und unterstützen sogar das Immunsystem. So konnte eine kanadische Studie mit fast 25.000 Teilnehmern bereits im Jahr 2012 zeigen, dass sich Probanden mit Freunden weniger gestresst und insgesamt gesünder fühlten als solche, die keine Freunde hatten. Besonders stark verbesserte sich das Wohlbefinden der Teilnehmer, wenn sie ihre Freunde oft persönlich trafen und nicht nur mit ihnen telefonierten oder online austauschten.
Gute Freunde stärken das Immunsystem
Auch andere Studien bestätigen die positive Wirkung von Freundschaften: Ein deutsch-niederländisches Forscherteam konnte anhand von Aufzeichnungen von Studenten zeigen, dass diese sich an den Tagen, an denen sie mit ihren Freunden zusammen waren, selbst in einem positiveren Licht sahen. Zudem hatten die Teilnehmer, die öfter Freunde trafen, insgesamt ein stärkeres Selbstwertgefühl als Studenten, die eher zurückgezogen lebten. Die Treffen verbesserten das Selbstbild aber nur, wenn sich die Probanden dabei wohl und geborgen fühlten. „Ist der andere in Krisenmomenten für mich da? Dann ist er ein wirklicher Freund“, fasste die Psychologin Cornelia Wrzus von der Universität Mainz diese Erkenntnis zusammen.
Wie positiv verlässliche soziale Kontakte sogar für das Immunsystem sein können, betont Christian Schubert, der die Wechselwirkungen von Psyche und Immunsystem erforscht. Seinen Erkenntnissen zufolge bietet ein gutes soziales Umfeld Nähe, Unterstützung, Vertrauen und Zugehörigkeit. Fehlt all das, kann das zum Gefühl der Einsamkeit führen, was wiederum chronischen Stress auslösen kann. Und wie negativ sich Stress auf den gesamten Organismus und insbesondere auf das Immunsystem auswirkt, haben bereits viele Studien zeigen können.
Freunde bieten Halt in Krisenzeiten
Abgesehen von den konkreten Auswirkungen auf die Gesundheit fühlen sich Menschen mit einem stabilen Freundeskreis meist auch einfach besser. Bei guten Freunden fühlen wir uns geborgen und verstanden. Wir können ganz wir selbst sein und unbefangen Spaß haben. Auf diese Weise reduzieren positive soziale Beziehungen Stress, heben unsere Stimmung und stärken unser Selbstwertgefühl. Dazu kommt: Wer sich in jeder Lebenslage auf seine Freunde verlassen kann, wird auch in schwierigen Zeiten aufgefangen – beispielsweise nach einer Trennung, einem Unfall, bei Krankheiten oder anderen traumatischen Erlebnissen. Experten empfehlen daher, auch bei psychischen Krisen neben therapeutischer Hilfe auch immer nahestehende Personen um Unterstützung zu bitten.
Was ist Freundschaft?
Allerdings: Nicht jede Beziehung, die als „Freundschaft“ bezeichnet wird, ist auch eine solche. Viele Menschen haben eine Reihe von Bekannten, auf die sie sich in Krisenzeiten kaum verlassen können und bei denen sie sich auch nicht so wohl und geborgen fühlen wie bei richtigen Freunden. Auch geht es nicht darum, besonders viele Freunde zu haben, sondern vor allem gute. Psychologen halten für eine gute Freundschaft fünf Faktoren für besonders wichtig:
- Gegenseitigkeit: Eine Freunschaft beruht darauf, dass wir uns für den anderen interessieren, uns aber auch selbst öffnen können. Das Verhältnis kann dabei zwar immer mal variieren, doch insgesamt sollte sich das Geben und Nehmen ausgleichen.
- Intimität: Menschen, mit denen man viel unternimmt, aber denen man nicht von seinen Gedanken und Gefühlen berichten kann, sind keine Freunde im engeren Sinne. Freundschaft bedeutet, dem anderen auch Schwächen und dunkle Seiten offenbaren zu können.
- Vertrauen: Probleme und Sorgen, die man miteinander teilt, sollten tatsächlich auch zwischen den beteiligten Personen bleiben. Ein Weitererzählen von intimen Themen wird meist als Verrat an der Freundschaft betrachtet.
- Zeit: Freundschaften brauchen Zeit, die sich viele Menschen jedoch nicht nehmen. Besonders für Freundschaften, die über Jahre und Jahrzehnte währen, ist es unabdingbar, sich immer wieder bewusst Zeit zu nehmen.
- Positive Gefühle: Egal ob ein Gespräch, ein Kinobesuch oder ein gemeinsamer Tanzabend: Die Interaktion mit einem Freund sollte sich gut anfühlen und die eigene Stimmung anheben. Ziehen die Treffen einen der Beteiligten eher hinunter, läuft etwas in der Freundschaft schief.
Freunde können Familie ersetzen
Besonders interessant: Freundschaften können genauso viel Halt geben wie Familien. In Zeiten, in denen viele Familien auseinanderbrechen, ist das besonders wichtig. So konnte der Psychologe Professor Franz J. Neyer von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena gemeinsam mit seiner Kollegin Professor Cornelia Wrzus aus Heidelberg in einer Studie mit rund 300 Probanden zeigen, dass Menschen, die keine enge Beziehung zu ihrer Familie, aber dafür gute Freunde hatten, ähnlich zufrieden waren und ähnlich positive Werte aufwiesen wie Menschen, die stark in ihren familiären Bindungen verhaftet waren.
Auch zeigte sich, dass Teilnehmer, die enge Verbindungen zur Familie hatten, meist weniger Freunde aufwiesen, während Probanden mit spärlichen Familienbanden eher zahlreiche Freundschaften benannten. In „Sozialstress“ sollten Freundschaften allerdings nicht ausarten – ein Phänomen, das vor allem Menschen trifft, die schlecht Nein sagen können und sich zu viele Verabredungen zumuten.
Vor allem Senioren profitieren von Freundschaften
Ganz besonders wichtig scheinen freundschaftliche Verbindungen mit zunehmendem Alter zu sein. Das zeigt unter anderem eine Studie von der University of North Carolina. Demnach haben Freundschaften im Alter offenbar einen besonders positiven Einfluss auf die Gesundheit. Einsame Sneioren hatten hingegen ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Diabetes, Schlafstörungen und eine schlechte Immunabwehr. Auch das Risiko für Demenzerkrankungen erhöhte sich bei älteren Menschen, die sich einsam fühlten. Untersuchungen aus den siebziger und achtziger Jahren haben sogar gezeigt, dass Menschen ohne enge Beziehungen früher sterben.
Zu interessanten Ergebnissen kamen auch Wissenschaftler des Instituts für Psychologie der Humboldt-Universität Berlin. Gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam konnten sie zeigen, dass soziale Teilhabe und Wertschätzung durch andere unmittelbar mit dem eigenen Wohlbefinden korreliert. Sie konnten auch zeigen, dass Menschen, die sich für andere engagierten, glücklicher waren als Personen, die beispielsweise nur die eigene Karriere verfolgten und nach materiellen Zielen strebten.
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