Über den Darm ins Gehirn: Probiotika können Depressionen lindern

Antientzündlich, antidepressiv: Probiotika werden zahlreiche positive Effekte auf die Gesundheit nachgesagt – Foto: ©magele-picture - stock.adobe.com
Die Schleimhaut im Darm beherbergt ein komplexes mikrobielles Ökosystem. Dieses Mikrobiom unterscheidet sich von Mensch zu Mensch und spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie Menschen Nährstoffe verarbeiten, vor Krankheitserregern geschützt sind und wie sich das Immunsystem entwickelt. Ernährungsweisen, Stress, Antibiotika-Behandlungen, Infektionen und andere Faktoren können dieses Ökosystem jedoch stören. Aus einem ausgewogenen Mikrobiom wird dann eines, das Schaden anrichtet. Stoffwechsel-, Entzündungs- und Autoimmunkrankheiten können die Folge sein bis hin zu psychiatrischen Erkrankungen. Denn Zwischen dem Gehirn und dem Verdauungstrakt besteht eine wechselseitige Beziehung. Man spricht von der Darm-Hirn-Achse.
Lebende Bakterien boomen
Probiotika sollen helfen, das aus dem Gleichgewicht geratene Darmmikrobiom wieder in Ordnung zu bringen. Probiotika kommen vor allem in fermentiertem Essen wie beispielsweise Kimchi vor (gibt es in asiatischen Supermärkten.) Die lebende Bakterien gibt es aber auch in unterschiedlicher Zusammensetzung in der Apotheke zu kaufen. Die Präparate erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
Nach Berechnungen des Beratungsunternehmens IQVIA stieg der Umsatz von Probiotika, deren Ziel der Verdauungstrakt ist, innerhalb der vergangenen 5 Jahre um durchschnittlich 15 Prozent auf zuletzt 152 Millionen Euro im Jahr 2018. Vor allem werden Probiotika immer häufiger parallel oder nach einer Antibiotikatherapie eingenommen und zum Teil auch von Ärzten verschrieben. In der Wissenschaft sind Probiotika allerdings umstritten, manchmal wird sogar von schädlichen Wirkungen berichtet.
Probiotika lindern depressive Symptome
Anders eine neue Meta-Studie aus England. Wissenschaftler der Brighton & Sussex Medical School haben die Ergebnisse von 7 Studien aus den vergangenen 15 Jahren zum Thema Wirkung von Probiotika und Präbiotika analysiert. Präbiotika fördern die Entwicklung probiotischer Bakterien und sind zum Beispiel in Chicorée enthalten.
Die Anlayse zeigte, dass insbesondere eine Kombination aus Probiotika und Präbiotika gegen Depression hilft. Vor allem, wenn die Depression mit Magen-Darm-Erkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom verbunden war, konnte der Ansatz die Symptome der Depression lindern. Präbiotika alleine hatten dagegen keine signifikante Wirkung. Keinen Effekt hatten die Bakterien außerdem auf Angstzustände.
Die Behandlung des Mikrobioms durch Probiotika und Präbiotika sei ein möglicherweise hilfreicher Zusatz zur klassischen Therapie bei Depressionen, schreiben die Autoren der Meta-Analyse.
Probiotika gut fürs Herz
Die Mikrobiomforschung steht indes noch ganz am Anfang. Und wie immer bei neuen Ansätzen gibt es Skeptiker und Befürworter. Prof. Ingrid Fleming vom „Institute for Vascular Signaling“ der Goethe Universität in Frankfurt am Main, die über Gefäßentzündungen im Herz-Kreislaufsystem forscht, gehört zu den Befürwortern. Fleming vermutet, "dass es künftig zur Entwicklung einer Welle von Probiotika kommen wird, die die Darmflora und die Bildung von Stoffwechselprodukten verändern sollen, um das Herz zu schützen."
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