Probiotika sind nicht immer sinnvoll und gesund

Die Darmflora rofitiert nicht immer von Probotika – Foto: ©Alex - stock.adobe.com
Täglich nehmen Millionen von Menschen Probiotika ein - Präparate mit lebenden Bakterien, mit denen das Immunsystem gestärkt, Krankheiten vorgebeugt oder die Regeneration des Darmmikrobioms nach der Einnahme von Antibiotika gefördert werden soll.
Doch in zwei Studien, die in der Fachzeitschrift Cell veröffentlicht wurden, zeigen Forscher des Weizmann Institute of Science, dass ein probiotisches Präparat aus elf Stämmen der am häufigsten verwendeten probiotischen Familien manchmal wenig vorteilhaft für den Nutzer und sein Mikrobiom sein kann.
Probiotisches Präparat mit elf Stämmen
In der ersten Studie wurden 25 freiwillige Probanden einer Endoskopie und einer Koloskopie unterzogen, um ihre Mikrobiom-Zusammensetzung in verschiedenen Darmregionen zu untersuchen. Fünfzehn dieser Freiwilligen wurden dann in zwei Gruppen eingeteilt: Der ersten wurde das probiotische Präparat mit elf Stämmen verabreicht, und der zweiten wurden Placebo-Pillen verabreicht.
Drei Wochen nach Beginn der vierwöchigen Behandlung wurden alle Teilnehmer einer zweiten oberen Endoskopie und Koloskopie unterzogen, um ihre Reaktion auf die Probiotika oder das Placebo zu beurteilen. Anschließend wurden sie weitere zwei Monate lang beobachtet.
Darmbesiedelung war sehr individuell
Die Forscher stellten fest, dass die Darmbesiedlung durch Probiotika sehr individuell war. Sie gliederte sich in zwei Hauptgruppen: In den Eingeweiden der "Persister" konnten sich die probiotischen Mikroben ansiedeln, während sie von den Mikrobiomen der "Resistenten" vertrieben wurden.
Das Team stellte fest, dass es allein durch die Untersuchung des Ausgangs-Mikrobioms und des individuellen Genexpressionsprofils der Darmschleimhaut vorhersagen konnte, ob eine Person ein Persister oder ein Resister sein würde. Persister wiesen Veränderungen an ihrem natürlichen Mikrobiom- und Genexpressionsprofil auf.
Probiotika sollten auf den Einzelnen zugeschnitten sein
Die Studie wurde von Forscherteams um Prof. Eran Elinav von der Abteilung Immunologie und Prof. Eran Segal von der Abteilung Informatik und Angewandte Mathematik in Zusammenarbeit mit Prof. Zamir Halpern, Direktor der Abteilung Gastroenterologie, durchgeführt.
"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Probiotika nicht universell nach dem Motto ’one size fits all’‚ eingesetzt werden sollten", sagt Elinav. Stattdessen sollten sie auf den Einzelnen zugeschnitten sein.
Probiotika, um Folgen der Antibiotika-Gabe entgegenzuwirken
In der zweiten Studie beschäftigten sich die Forscher mit der Frage, wie nützlich es ist, Probiotika einzunehmen, um den schädlichen Folgen einer Antibiotika-Gabe entgegenzuwirken. Die Forscher verabreichten 21 freiwilligen Probanden Breitbandantibiotika, sie wurden anschließend einer oberen Endoskopie und einer Koloskopie unterzogen, um die Veränderungen sowohl des Darms als auch seines Mikrobioms nach der Antibiotikabehandlung zu beobachten.
Als nächstes wurden die Freiwilligen in eine von drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe war eine "watch and wait" -Gruppe, die ihr Mikrobiom von selbst genesen ließ. Der zweiten Gruppe wurde das probiotische Präparat mit elf Stämmen über einen Zeitraum von vier Wochen verabreicht. Die dritte Gruppe wurde mit einem autologen Fäkalmikrobiom-Transplantat (aFMT) behandelt, das aus ihren eigenen Bakterien bestand, die vor der Verabreichung des Antibiotikums gesammelt worden waren.
Probiotika sind nicht immer sinnvoll und gesund
Ergebnis: Probiotika konnten, nachdem das Antibiotikum den Weg frei gemacht hatte, leicht den menschlichen Darm besiedeln. Zur Überraschung des Teams verzögerte die Besiedlung des Darms mit Probiotika aber über Monate, dass sich das Mikrobiom erholte und zu seiner normalen Konfiguration wie vor der Antibiotika-Gabe zurückkehrte. Bei der „watch and wait“-Gruppe ging das deutlich schneller. Probiotika sind also nicht immer sinnvoll und gesund.
Im Gegensatz dazu führte die autologe FMT dazu, dass sich das natürliche Darmmikrobiom wieder herstellte und das Genexpressionsprofil der Darmschleimhaut innerhalb weniger Tage normalisierte. "Diese Ergebnisse", so Elinav in einer Pressemitteilung, "offenbaren eine Nebenwirkung der Probotika-Gabe, die langfristige Konsequenzen haben kann."
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