Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

TNF-Hemmer bei Morbus Crohn: Studie bestätigt mehr postoperative Komplikationen

Donnerstag, 10. Januar 2019 – Autor:
Immer mehr Patienten mit Morbus Crohn nehmen so genannte TNF-Hemmer ein. Schon seit längerem besteht der Verdacht, dass die entzündungshemmenden Biologika das Risiko für postoperative Komplikationen erhöhen. Die Vermutung wird durch eine Studie erhärtet.
Morbus Crohn, TNF-Hemmer

Studie mit knapp 600 Morbus-Crohn-Patienten zeigt höhere Komplikationsraten, wenn vor der OP TNF-Hemmer eingenommen wurden – Foto: ©Gorodenkoff - stock.adobe.com

TNF-Hemmer gehören zu einer neuen Gruppe von Medikamenten, den sogenannten Biologika. Für Patienten mit Morbus Crohn sind sie zu einer wichtigen Therapiesäule geworden. Die gegen den Tumornekrosefaktor (TNF) gerichteten Medikamente wirken entzündungshemmend und werden dann eingesetzt, wenn Patienten nicht auf die Standardtherapie ansprechen oder sie nicht vertragen.

Die Leitlinie „Morbus Crohn und Colitis ulcerosa“ empfiehlt Ärzten, eine immunsuppressive Therapie schon früh in Betracht zu ziehen, wenn sich ein komplizierter Krankheitsverlauf andeutet. Dies könnte den Patienten eine Dauertherapie mit Kortison und deren schwere Nebenwirkungen ersparen. Allerdings haben auch TNF-Antikörper Nebenwirkungen und ihr Einsatz muss gut abgewogen werden. Auch ist in einigen Fällen eine Operation unvermeidbar. Es gibt allerdings Hinweise, dass die Bauch-OPs deutlich komplikationsreicher verlaufen, wenn Morbus-Crohn-Patienten zuvor TNF-Hemmer eingenommen haben. 

TNF-Hemmer vor Morbus Crohn-OP

Französische Forscher sind den Hinweisen nachgegangen und haben 592 Morbus Crohn-Patienten untersucht , die operiert werden mussten. Davon nahmen 143 Patienten (24,1 %) innerhalb der letzten drei Monate vor der OP TNF-Hemmer ein. Wie die Auswertungen der Studie zeigen, hatten diese Patienten ein doppelt so hohes Risiko für postoperative Komplikationen. Dazu zählten etwa allgemeine oder intra-abdominelle Sepsis und das schnellere Wiederauftreten von Krankheitsschüben. Zudem war das Risiko, dass die Operation länger als drei Stunden dauerte, bei den mit TNF-Hemmern behandelten Patienten um das Dreifache erhöht und fünfmal so viele von ihnen hatten vor der OP einen Hämoglobin-Wert unter 10 g/dl.

Bedeutet das, dass TNF-Hemmer mindestens drei Monate vor der Operation abgesetzt werden sollten? Ganz so konkret werden die Studienautoren nicht. Ihr Fazit lautet, dass die Information aus der Studie bei der OP-Planung berücksichtigt werden sollten.

Weitere Studien nötig

Die Studie „Anti-TNF Therapy Is Associated With an Increased Risk of Postoperative Morbidity After Surgery for Ileocolonic Crohn Disease: Results of a Prospective Nationwide Cohort” ist im Fachjournal “Annals of surgery” erschienen.

Bislang ist die Studienlage zum Thema widersprüchlich. Es werden wohl weitere Studien mit größeren Patientenzahlen benötigt, um das postoperative Komplikationsrisiko nach der Einnahme von TNF-Hemmern besser einschätzen zu können.

Morbus Crohn gehört zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und wird den Autoimmunerkrankungen zugerechnet. Die Entzündungen können den gesamten Verdauungstrakt betreffen, treten am häufigsten aber im letzten Teil des Dünndarms, dem terminalen Ileum, auf. Die genaue Ursache der Erkrankung ist bislang unbekannt.

Foto: © Gorodenkoff - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Autoimmunerkrankungen , Chronisch entzündliche Darmerkrankungen , Morbus Chron , Biologika

Weitere Nachrichten zum Thema Morbus Crohn

20.04.2019

Infliximab hat einen festen Platz in der Behandlung von Morbus Crohn. Offen ist die Frage, ob der TNF-Hemmer nach längerer Remission abgesetzt werden kann. Eine Untersuchung aus Korea liefert nun Erkenntnisse zum Wiederauftreten von Krankheitsschüben.

| An Morbus Crohn leiden allein in Deutschland über 400.000, europaweit eine Million Menschen. Hier lesen Sie alles über Therapiemöglichkeiten, Forschungsstand und Ursachen. Informieren Sie sich über Ernährung und Lebensweise bei Morbus Crohn und die neuesten Diagnostikmethoden.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin