Systemische Psychotherapie: Prüfbericht erschienen

Bei der Systemischen Psychotherapie geht es um Beziehungsprozesse – Foto: djama - Fotolia
Neben der Psychoanalyse und der Verhaltenstherapie ist die Systemische Psychotherapie eine weitere Therapieform, die bei psychischen Problemen häufig zum Einsatz kommt. Zwar wurde die Systemische Therapie im Jahr 2008 vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wissenschaftlich anerkannt. Doch um in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden zu können, muss auch der Nutzen nachgewiesen sein. Daher wurde das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun mit der Untersuchung beauftragt. Es ist das erste Mal, dass das Institut ein Psychotherapieverfahren bewertet. Die vorläufigen Ergebnisse liegen nun vor.
Studienmängel erschwerten die Bewertung
Den Nachweis für den Nutzen eines Psychotherapieverfahrens zu erbringen, ist grundsätzlich nicht einfach. Von den für den aktuellen Bericht analysierten Studien passten zudem viele nicht zur Fragestellung des Berichts. So handelte es sich bei den behandelten Personen häufig nicht um Menschen mit psychischen Erkrankungen, sondern um andere Personengruppen, wie beispielsweise Schwangere, bei denen die Angst vor der Geburt mittels Systemischer Therapie reduziert werden sollte. Zudem waren die meisten Studien recht klein.
Auch Mängel bei der Studiendurchführung machte den Wissenschaftlern ihre Aufgabe schwer. So handelte es sich stets um offene, nicht verblindete Studien, denn bei einer Psychotherapie wissen die Therapeuten natürlich, welche Art der Therapie sie jeweils durchführen. Zudem basieren die Ergebnisse auf subjektiven Einschätzungen der Betroffenen. Trotz dieser zahlreichen Probleme konnten die Wissenschaftler Hinweise auf die Wirksamkeit der Systemischen Therapie finden, und zwar für die Störungsbereiche Angst- und Zwangsstörungen sowie für die Schizophrenie.
Nutzen der Systemischen Therapie bei drei Störungsformen
Allerdings konnte ein Nutzen in diesen Bereichen nur gefunden werden, wenn die Vergleichsgruppen keinerlei Behandlung erfuhren. Gegenüber einer Beratung oder Informationsvermittlung zeigten die Daten bei Angst- und Zwangsstörungen lediglich einen Anhaltspunkt für einen Nutzen; gegenüber einer Psychotherapie schnitt die Systemische Therapie sogar schlechter ab. Bei der Schizophrenie wiederum fehlten für den Vergleich mit anderen psychotherapeutischen Verfahren Daten. Bei den übrigen fünf untersuchten Störungsbereichen (depressive Störungen, Essstörungen, gemischte Störungen, körperliche Erkrankungen, Substanzkonsumstörungen) lieferten die Daten nur Anhaltspunkte, aber keine Hinweise für einen Nutzen der Systemischen Psychotherapie. Bis zum 20. September 2016 können interessierte Personen und Institutionen nun schriftliche Stellungnahmen zum Vorbericht abgeben.
Beziehungsprozesse als Kern von Problemen
Der Kerngedanke der Systemischen Therapie ist die Annahme, dass der Schlüssel zum Verständnis und zur Veränderung von Problemen weniger in der behandelten Person allein liegt, als vielmehr in den sozialen Interaktionen zwischen Familienmitgliedern und anderen Personen. Die Systemische Therapie ist also an Beziehungsprozessen interessiert, die an der Entstehung und Aufrechterhaltung eines Problems beteiligt sind. Die symptomfördernden Strukturen und dysfunktionalen Lösungsversuche infrage zu stellen und neue, heilsamere Interaktionen zu entwickeln, ist das Ziel der Therapie. Im Idealfall - so die Idee - kann das System so verändert werden, dass das Symptom nicht mehr „notwendig“ ist.
Die Ausprägungen und Techniken der Systemischen Therapie sind sehr vielgestaltig. Häufig werden metaphorische Techniken eingesetzt. Dazu gehört auch die bekannte „Familienaufstellung nach Hellinger“. Dabei werden beispielsweise Familienmitglieder von einer Person so im Raum aufgestellt, dass Position und Haltung der Mitglieder ein Bild ihrer familiären Beziehungen ergeben. In vielen Fachkreisen wird diese Methode zum Teil sehr kritisch gesehen.
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