Rückenschmerzen: Gezielte Schmerztherapie strahlungsfrei möglich – dank Ultraschall

Ultraschall als bildgebendes Verfahren für die behandelnden Ärzte eröffnet neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten in der Schmerztherapie von Rückenleiden. – Foto: AdobeStock/decade3d
Rückenschmerzen sind der häufigste Grund für einen Arztbesuch in Deutschland. Fehlbelastungen, Nervenschäden und Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule können zu Entzündungen und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen führen. Neue Möglichkeiten zur Diagnostik und Schmerztherapie bei Rückenleiden eröffnen sich offenbar durch den Einsatz von Ultraschall.
„Sonografisch geführte Injektionen in Wirbelgelenke oder an die Nervenwurzeln können Schmerzen reduzieren und erst so weitere Behandlungsformen wie eine Physiotherapie ermöglichen“, heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Durch eine ultraschallgeführte kurzfristige Ausschaltung einzelner Nerven könnten außerdem Ursprungsorte von Schmerzen identifiziert werden.
Schmerzbehandlung unter Ultraschall: So sieht es konkret aus
„Der Einsatz moderner Ultraschallgeräte bietet enorme diagnostische und therapeutische Möglichkeiten in der Schmerzmedizin“, sagt Karsten Pracht, Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin an den Sana-Kliniken Leipziger Land in Borna. Wie aber sehen solche ultraschallgestützten Interventionen am Patienten überhaupt aus? Ein Beispiel dafür sind die sogenannten Facettenblockaden. Dabei führen die Ärzte unter Ultraschallkontrolle eine Punktionsnadel an das schmerzverursachende Wirbelgelenk oder die gereizte Nervenwurzel und spritzen anschließend ein Schmerzmittel – gegebenenfalls in Kombination mit einem Kortison – zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung.
Schmerztherapie: Hochdosierte Opioide nicht mehr nötig
„Unser Ziel ist es, den Schmerz so weit zu reduzieren, um weitere Maßnahmen zum muskulären Aufbau wie zum Beispiel Physiotherapie durchführen zu können“, erklärt Pracht, der auch der Leiter der Sektion Anästhesiologie der DEGUM ist. Unter den akuten Schmerzen sei es den Betroffenen oftmals kaum möglich, physiotherapeutische Übungen auszuhalten. „Ohne die Intervention wären hohe Dosen von Opioiden notwendig, die den ganzen Körper negativ beeinträchtigen würden, auf diese Weise aber überflüssig sind“, so der Experte.
Opioide sind Arzneistoffe, die bestimmte Eigenschaften des Rausch- und Betäubungsmittels Opium besitzen, ohne darin vorkommende Substanzen wie Morphin selbst zu enthalten. Sie zählen zu den vielgenutzten und unverzichtbaren Arzneimitteln in der Schmerztherapie und der Narkosemedizin (Anästhesie). Allerdings besteht bei Opioiden die Gefahr, dass sie abhängig machen. Auch der Körper selbst produziert – in homöopathischen Dosen – „endogene“ Opioide. Sie spielen eine Rolle bei der Schmerzunterdrückung im Rahmen der Stressreaktion.
Nerven an- und ausschalten – und so den Schmerz-Ursprung finden
Ultraschallgeführte Verfahren können aber auch an peripheren Nerven am gesamten Körper eingesetzt werden und gelten hier bereits als Goldstandard. „Um Schmerzen zu behandeln, müssen wir zunächst ihren Ursprung exakt zuordnen“, erklärt Pracht. „Wenn ein gemischtes Nervenversorgungsgebiet vorliegt, kann ich mit unserem Verfahren gezielt einen Nerv ausschalten, ohne andere Nerven mit zu blockieren.“ Das funktioniere nur für wenige Stunden. Man könne so jedoch herausfinden, ob der Schmerz durch einen oder durch mehrere Nerven bedingt ist und durch welche. Im Anschluss könnten die Schmerzmediziner die Therapie individuell planen.
Ultraschall: Schmerztherapie ohne Strahlenbelastung
Bisher werden schmerztherapeutische Interventionen bei Patienten mit chronischen Wirbelsäulenbeschwerden vielfach mittels Computertomographie überwacht. Hierbei ist der Patient allerdings einer Strahlenbelastung ausgesetzt. Ultraschall dagegen besitzt für den Patienten den Vorteil, dass er strahlungsfrei ist. Der DEGUM zufolge belegen zahlreiche Studien, dass die Behandlungsqualität dabei nicht schlechter ist.
Neues Therapieverfahren auch für Cluster-Kopfschmerzen
Erst im Sommer dieses Jahres hatte die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) auf ein neues schmerztherapeutisches Verfahren zur Behandlung sogenannter Cluster-Kopfschmerzen hingewiesen. Die Schmerzen in Kopf und Gesicht zählen nicht nur zu den massivsten Schmerzerlebnissen, die Menschen heimsuchen können. Sie kehren auch noch periodisch wieder; und bei vielen chronisch Betroffenen schlagen Medikamente zudem überhaupt nicht an.
Eine neue und „vielversprechende Behandlungsalternative“ ist hier laut DGN die „Okzipitalnerven-Stimulation“ mit einem herzschrittmacherähnlichen elektrischen Impulsgerät. Eine aktuelle Studie zu medikamentenresistentem chronischem Cluster-Kopfschmerz kommt zu dem Schluss: Bei der Hälfte der Patienten konnte die Häufigkeit der Attacken mit diesem Therapieverfahren um mindestens 50 Prozent reduziert werden.