Osteoporose: Häufig viel zu spät erkannt

Knochensubstanzverlust - eine unterschätzte Volkskrankheit: Mehr als sechs Millionen Deutsche leiden daran, 885.000 jährlich kommen neu hinzu. – Foto: ©crevis - stock.adobe.com
Obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Osteoporose auf die Liste der zehn wichtigsten Erkrankungen gesetzt hat und rund sechs Millionen Deutsche an ihr leiden, gibt es offenbar große Defizite im öffentlichen Bewusstsein und bei einer frühen und adäquaten medizinischen Behandlung. Hierauf weisen zum Welt-Osteoporose-Tag am 20. Oktober die damit befassten Fachgesellschaften, Selbsthilfeverbände und Gesundheitsunternehmen hin. „Nur bei etwa 25 Prozent der Patienten wird die Krankheit frühzeitig erkannt und therapiert“, heißt es in einer Erklärung des Bundesselbsthilfeverbands für Osteoporose. Obwohl die auch als Knochenschwund bezeichnete Krankheit inzwischen als Volkskrankheit gilt und mit der immer älteren Gesellschaft deutlich zunehmen wird, ist sie den meisten Deutschen offenbar kaum bekannt:
Nur jeder Dritte fühlt sich über die Krankheit, ihre Folgen und die Möglichkeiten zur Vorsorge gut informiert, ergab eine aktuelle Umfrage des Biotechnologie-Unternehmens Amgen aus München. Laut Amgen werden selbst nach erstellter Diagnose in Deutschland nur 25 Prozent der Erkrankten medikamentös behandelt. Im Vergleich dazu erhalten etwa in Frankreich fast 60 Prozent der Erkrankten eine Therapie, in Spanien über 80 Prozent.
Ab 40 beginnt der Knochensubstanzverlust
Bei gesunden Menschen bauen sich die Knochen im Körper ein Leben lang um und auf und passen sich den individuellen Lebensanforderungen an – bis zum Alter von etwa 40, wenn die Knochendichte am größten ist. Ab diesem Alter dann baut sich die Knochensubstanz aber schleichend wieder ab. Die Dichte des Materials Knochen verringert sich von Jahr zu Jahr um ein bis zwei Prozent bei Frauen und um ein halbes bei Männern – schon beim gesunden Menschen wohlgemerkt. Bei Osteoporose-Kranken kann sich dieser Verlust beschleunigen – auf bis zu sechs Prozent im Jahr. Mit dem Verlust an Knochensubstanz büßen die Knochen ihre Festigkeit und Belastbarkeit ein – das Risiko für Knochenbrüche steigt. Am häufigsten zu beobachten sind Hüft-, Wirbel- und Handgelenksfrakturen, die Mobilität und Lebensqualität stark in Mitleidenschaft ziehen können. Diese Knochenbrüche können mit langen Krankenhausaufenthalten verbunden sein und im schlimmsten Fall zu Pflegebedürftigkeit führen. In Westeuropa erleidet rund ein Viertel aller Menschen über 70 einen Wirbelbruch, der auf Osteoporose zurückzuführen ist. Häufig kommt es auch zum Oberschenkelhalsbruch, also einer Fraktur des oberen Oberschenkels, der mit der Hüfte verbunden ist.
Osteoporose: Oft erst erkannt, wenn der erste Knochen bricht
Ein Problem bei Osteoporose ist: Die Krankheit bleibt häufig bis zum ersten Knochenbruch unerkannt. Je früher der Knochenschwund entdeckt und behandelt wird, desto größer sind dabei die Chancen, schwerwiegende Knochenbrüche zu verhindern oder hinauszuzögern. Medizinisch festgestellt werden kann Knochenschwund häufig schon in einem frühen Stadium. Die Diagnose einer Osteoporose erfolgt meist mittels Knochendichtemessung. Sie gehört neben dem Arzt-Patienten-Gespräch und verschiedenen Mobilitätstests zur Basisdiagnostik bei Verdacht auf Osteoporose.
Gegenmaßnahmen: Gesunde Ernährung – und Sport
Damit es gar nicht erst so weit kommt, kann jeder selbst aktiv werden. Ein gesunder Lebens- und Ernährungsstil kann nach Auskunft des Bundesselbsthilfeverbands Osteoporose das Risiko für diese Erkrankung verringern oder ihr Entstehen hinauszögern. Rauchen und Untergewicht gelten demnach als schädlich, genauso wie eine einseitige Ernährung mit zu geringer Aufnahme von Kalzium. Kalzium gilt als wichtiger Mineralstoff für Aufbau und Erhalt der Knochen. Gute Kalziumquellen sind vor allem Milchprodukte, aber auch pflanzliche Lebensmittel wie Grünkohl oder Brokkoli. Damit Kalzium besser vom Körper aufgenommen werden kann, wird gleichzeitig eine ausreichende Zufuhr von Vitamin D empfohlen. Wichtige Präventionsmaßnahme, die jeder sofort privat einleiten kann: Sport. Regelmäßige Bewegung trainiert die Muskeln und kann den Knochenaufbau gezielt anregen.
Frauen erkranken zehn Jahre früher als Männer
Frauen sind von Osteoporose häufiger betroffen als Männer. Hauptgrund dafür eine Störung des weiblichen Hormonhaushalts nach den Wechseljahren. Die Produktion des Sexualhormons Östrogen nimmt ab – es kann seine knochenschützende Eigenschaft nicht mehr entfalten wie bisher. Bei etwa 30 Prozent der Frauen kommt es deshalb zu einer sogenannten postmenopausalen Osteoporose. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, ist für Frauen auch deshalb größer, weil ihre Knochen grundsätzlich feiner strukturiert sind als die von Männern. Von den Frauen in der Altersklasse 50 bis 60 haben mehr als 15 Prozent Osteoporose. Jenseits des 70. Lebensjahres sind es sogar mehr als 45 Prozent. Männer bekommen Osteoporose im Schnitt etwas zehn Jahre später als Frauen.
Der Welt-Osteoporose-Tag wurde 1996 in England von der „National Osteoporosis Society“ (NOS) ins Leben gerufen. Dem deutschen Gesundheitssystem entstehen durch die Knochenerkrankung jährlich 2,5 bis 3 Millionen Euro an direkten und indirekten Kosten.
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