Neuer Therapieansatz bei „salzsensitiver Hypertonie”

Fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland hat laut Deutscher Hochdruckliga zu hohen Blutdruck. Eine mögliche Ursache: zu hoher Kochsalzkonsum. – Foto: ©orcea david - stock.adobe.com
Chips und Flips, Brot und Brötchen, Wurstwaren und Fertiggerichte: Alles Lebensmittel mit besonders viel Kochsalz. Der Konsum hoher Mengen an Natriumchlorid gilt als eine der Hauptursachen für Bluthochdruck und damit als Risikofaktor für gravierende Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Salzige Speisen erzeugen Durst; und Salz bindet darüber hinaus auch noch Wasser im Körper. Dadurch steigt das Flüssigkeitsvolumen im Blutkreislauf an – und damit auch der Druck in den Blutgefäßen.
Salzkonsum minimieren: In Mitteleuropa gar nicht so einfach
Eine Abhängigkeit von Salzkonsum und Blutdruck besteht nicht bei allen Menschen, aber bei vielen. Weil Salz in vielen Lebensmitteln in Handel oder Gastronomie in großen Mengen enthalten ist und andererseits Essen ohne Salz als fad empfunden wird, ist es gar nicht so leicht, den Salzkonsum dauerhaft auf ein Minimum herunterzuschrauben. Für die Betroffenen wird das Problem oft noch dadurch verschärft, dass Medikamente zur Blutdrucksenkung nicht bei jedem Patienten wirken. Für diesen Personenkreis gibt es jetzt aber eine gute Nachricht: Laut „Deutscher Hochdruckliga“, einer medizinischen Fachgesellschaft und Patientenorganisation, gibt es jetzt für diesen „salzsensitiven Bluthochdruck“ einen neuen Therapieansatz.
Salzsensitiver Bluthochdruck: Zwei Merkmale sind typisch
Typisch für Patienten mit einem salzsensitiven Bluthochdruck sind zwei Mechanismen im menschlichen Organismus. Erstens besitzt das „sympathische Nervensystem“ bei ihnen eine erhöhte Aktivität. Dessen Botenstoff (Neurotransmitter) Noradrenalin aktiviert die Alpha-Rezeptoren der Blutgefäße, was deren Verengung bewirkt und so den Blutdruck steigert. Zugleich halten die Nieren dieser Patienten zu viel Salz zurück, anstatt es mit dem Urin auszuscheiden.
Alpha1-Rezeptor-Blocker: Zielgerichtet gegen salzsensitive Hypertonie
Wissenschaftler der „Boston University School of Medicine“ in den USA haben laut Hochdruckliga interessante neue Erkenntnisse gewonnen, um salzsensitive Hypertonie erfolgreich zu behandeln. Im Tierexperiment konnten sie den Beweis erbringen, dass sogenannte selektive Alpha1-Rezeptor-Blocker zielgerichtet die salzsensitive Hypertonie unterbinden können. Bereits bekannt ist, dass Alpha-Blocker die glatte Gefäßmuskulatur erschlaffen lassen, die Gefäße auf diese Weise erweitern und dadurch den Blutdruck senken. Erstmals gezeigt werden konnte jetzt außerdem in der US-Studie, dass Alpha1-Adrenorezeptor-Blocker zusätzlich die Aktivität des Natrium-Wiederaufnahmeprozesses in den Nieren reduzieren und auch über diesen Weg den Blutdruck senken.
Herkömmliche Blutdrucksenker wirken nicht bei jedem
Zur Einordnung dieser Forschungsergebnisse heißt es bei der Hochdruckliga: „Bestätigen sich diese tierexperimentellen Befunde in klinischen Studien, wäre das von großer praktischer Relevanz, da diese Medikamente bei vielen Menschen, bei denen herkömmliche Blutdrucksenker nicht wirken (Patienten mit sogenannter therapierefraktärer Hypertonie), den Teufelskreis durchbrechen und zu normalen Blutdruckwerten führen könnten.“ Eine zielgerichtete Therapie bei salzsensitiver Hypertonie könne dazu beitragen, dass wesentlich mehr Patienten mit ihren Blutdruckwerten in den Zielbereich gebracht werden könnten und weniger Folgeerkrankungen erlitten.
Zu viel Salz im Essen: Weltweit drei Millionen Tote im Jahr
Nach Einschätzung von Experten sorgt ein übermäßiger Salzkonsum im Jahr innerhalb der Weltbevölkerung für rund drei Millionen vorzeitige Todesfälle. Ursachen sind dann Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Schlaganfälle. Fast die Hälfte der Todesfälle betrifft die Altersgruppe der Unter-70-Jährigen. In 181 von 187 Ländern übersteigt die geschätzte durchschnittliche Salzaufnahme die Empfehlung der WHO von fünf Gramm oder knapp einem Teelöffel pro Tag.
Kochsalzkonsum in Deutschland: Um gut 50 Prozent zu hoch
Dem Statistikportal statista.com zufolge liegt der Salzkonsum von Männern in Deutschland bei rund 10 Gramm am Tag. Bei Frauen liegt er etwas niedriger, nämlich bei 8,4 Gramm. Die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) beträgt 6 Gramm. Der Wert ist damit nicht so streng wie der der WHO.
Kaliumreicher Kochsalz-Ersatz senkt Todesrate um 12 Prozent
Nach eine aktuellen Studie aus China könnten jährlich viele 100.000 Todesfälle vermieden werden, indem in der Küche statt normalem Haushaltssalz kaliumreiches Diät-Salz verwendet würde.
Klassisches Kochsalz besteht aus Natriumchlorid. Der Salz-Ersatz ist ein Produkt mit reduziertem Natrium-Gehalt und zugesetztem Kalium. Das Alternativ-Produkt vereint damit gleich zwei Vorteile in sich: Es reduziert die unerwünscht hohe Natriumaufnahme und erhöht die üblicherweise niedrige Kaliumaufnahme – beides wird mit Bluthochdruck und einem höheren Risiko für Schlaganfälle, Herzerkrankungen und vorzeitigen Tod in Verbindung gebracht.
Der Studie aus China zufolge war bei Nutzern des kaliumbetontem Ersatz-Salzes das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte und einen vorzeitigen Tod mindestens 12 Prozent niedriger. Der Salz-Ersatz in der Küche hatte demnach auch keine schädlichen Nebenwirkungen und war nur etwa 1,5 Mal so teuer wie normales Salz.
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