Neue Erkenntnisse zu Sonne und Multiple Sklerose

Interferon ähnliche Wirkung: Sonne ist nicht nur wegen des Vitamin D gut für MS Patienten – Foto: ©Rido - stock.adobe.com
Dass die Sonneneinstrahlung mit Multipler Sklerose zusammenhängt, ist schon seit Jahrzehnten bekannt. Die Wahrscheinlichkeit an MS zu erkranken nimmt nämlich zu, je mehr man sich vom sonnenreichen Äquator entfernt - und umgekehrt. Der geografische Zusammenhang wurde erstmals 1967 empirisch nachgewiesen. Aber nicht nur das Erkrankungsrisiko sinkt: Studien deuten darauf hin, dass Sonnenlicht auch den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. Bislang wurde das Sonnenvitamin D dafür verantwortlich gemacht.
Eine aktuelle Studie des MS-Kompetenznetzwerks bestätigt das nun. Doch es wurde auch eine neue Erklärung gefunden, warum ultraviolettes Licht so positiv auf die entzündliche Erkrankung des Nervensystems wirkt: UV-Licht löst demnach im Körper nicht nur ein Anstieg des Vitamin-D-Spiegels aus, sondern stößt auch ganz ähnliche Prozesse an wie das Medikament Interferon.
Schweregrad der Multiplen Sklerose steigt mit dem Breitengrad
Für die Studie werteten die Wissenschaftler die Daten von nahezu 2.000 MS-Patienten aus. Neben Gesundheitsdaten umfasste der Datensatz auch Einflussfaktoren wie Wohnort, Geschlecht Lebensweise sowie die genetische Prädisposition für Sonnenempfindlichkeit.
Die Analyse ergab, dass es bereits einen Unterschied macht, ob man in Süddeutschland oder Norddeutschland wohnt. Die aktiven Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark und auch der Beeinträchtigungsgrad nehmen demnach von Süd- nach Norddeutschland im Mittel zu. Dagegen nimmt der Vitamin-D-Spiegel wie auch die Sonneneinstrahlung gen Norden ab. Wenig überraschend, denn Vitamin D gilt schon lange als entzündungshemmend und soll auch bei MS eine große Rolle spielen.
Sonnenlicht schmeißt den Interferon-Signalweg an
Doch auch unabhängig vom Vitamin-D-Spiegel konnten die Wissenschaftler mit Hilfe von NASA-Daten und einem aufwändigen mathematischen Verfahren zeigen: Je mehr UV-Licht die Probanden im Jahr vor der Untersuchung im Schnitt ausgesetzt waren, desto geringer fielen die Beschwerden aus. Nur Patienten, die zuvor mit Interferon-beta behandelt worden waren, hatten keinen Zusatznutzen vom Sonnenlicht.
„Das ist interessant, da wir wissen, dass die MS gut auf die Behandlung mit Interferon-beta anspricht“, sagt Studienautor Patrick Ostkamp, „und wir bei einer Analyse von Gensequenzen festgestellt haben, dass UV-Licht den Interferon-Signalweg anregt.“ Da der Signalweg aber nur einmal angeregt werden könne – entweder von Interferon oder von UV-Licht – seien bei den vorbehandelten Patienten eben keine Effekte des Sonnenlichts mehr festzustellen, so der Wissenschaftler. „Man kann sich das wie bei einem Glas mit Wasser vorstellen: Ist es einmal voll, läuft zusätzliche Flüssigkeit über den Rand.“
Sonnenbaden für MS-Patienten ausdrücklich empfohlen
Die Wissenschaftler halten es aber auch für möglich, dass die Einnahme von Interferon die Vitamin-D-Produktion im Körper so verändert, dass es egal ist, ob man nun am Bodensee oder an der Nordsee wohnt. Egal, welche Vermutung nun stimmt. Die Zentrale Erkenntnis der Studie lautet: Sonnenlicht tut MS-Patienten gut. Es sollte aber nicht mehr als eine halbe Stunde am Tag sein, warnen die Forscher, da intensives Sonnenbaden bekanntlich die Entstehung von Hautkrebs fördert.
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