
Eine Chemotherapie führt nicht selten zu Neuropathien in Händen und Füßen – Foto: ©Lydie stock - stock.adobe.com
Etwa ein Drittel der Krebspatienten entwickelt unter einer Chemotherapie eine Neuropathie, die sich in Kribbeln, Taubheitsgefühlen, Brennen und Schmerzen äußern kann. Betroffen sind meist die Nerven an den Händen und Füßen. Dabei kann die Empfindlichkeit so groß werden, dass sogar Berührungen, die sonst kaum wahrgenommen werden, wie beispielsweise eine Bettdecke auf den Füßen, sehr schmerzhaft werden können. Eine Studie mit über 500 Krebspatientinnen zeigt nun: Bei einigen Frauen sind noch Jahre nach der Chemotherapie Symptome einer durch die Krebsbehandlung induzierten peripheren Neuropathie zu verzeichnen. Im Vergleich zu Patientinnen ohne diese Symptome ist bei den Betroffenen zudem das Risiko für Stürze verdoppelt.
Die Studienteilnehmerinnen waren zwischen 57 und 69 Jahre alt und adipös. Nur 11 Prozent der Probandinnen hatten außer der Krebserkrankung auch noch einen Diabetes mellitus. Die Krebsdiagnose lag zwischen drei Monaten bis 33 Jahren zurück. Für ihre Studie analysierten die Forscher um Dr. Kerri M. Winters-Stone von der Oregon Health & Science University in Portland sowohl die subjektiven Angaben der Patientinnen als auch die Ergebnisse objektiver Messungen, beispielsweise zur körperlichen Leistungsfähigkeit und zum Gangbild.
Neuropathie erhöht Sturzrisiko
Wie sich zeigte, berichteten die Krebspatientinnen etwa sechs Jahre (im Durchschnitt) nach der Chemotherapie noch immer über einen Sensibilitätsverlust in den Beinen. Sowohl den Eigenberichten als auch den objektiven Messungen zufolge war die körperliche Fitness in der Gruppe mit peripherer Neuropathie signifikant schlechter. Im Vergleich zu den Probandinnen, die unter der Chemotherapie keine Neuropathie entwickelten hatten, gingen die Frauen mit der neurologischen Störung langsamer und in kürzeren Schritten. Sie berichteten zudem, körperlich deutlich eingeschränkter zu sein, und sie mussten öfter stehen bleiben, um das Gleichgewicht zu stabilisieren.
Auch die Wahrscheinlichkeit, innerhalb des vergangenen Jahres gestürzt zu sein, war bei den Patientinnen mit peripherer Neuropathie deutlich erhöht, nämlich auf fast das Doppelte. Das Sturzrisiko war dabei umso höher, je ausgeprägter die Neuropathiesymptome waren. Nach Angaben der Studienautoren sprechen die Ergebnisse dafür, eine Chemotherapie-induzierte periphere Neuropathie so früh wie möglich zu behandeln, um deren Fortschreiten zu unterbinden und damit die körperliche Funktion zu erhalten und letztlich auch Stürze zu verhindern.
Nervenschäden rechtzeitig entgegenwirken
In einer früheren Studie hatten Forscher festgestellt, dass es vor allem dann zu einer Chronifizierung der Neuropathien kam, wenn die Symptome bereits im ersten Zyklus mit besonders heftiger Intensität auftraten. In solchen Fällen könnte es daher in Abwägung zur Schwere der Grunderkrankung und in Absprache mit dem Arzt unter Umständen sinnvoll sein, über eine Beendigung Chemotherapie nachzudenken.
Bisher gibt es zur Behandlung von Neuropathien nach Chemotherapie keine klaren Empfehlungen. In einigen Fällen kann eine medikamentöse Therapie helfen. Vorbeugend können die Patienten aber auch selbst einiges tun. So wird ihnen geraten, während der Chemotherapie Kälte zu vermeiden und für eine gute Hand- und Fußpflege zu sorgen. Außerdem sollten sie das Öffnen von Flaschen oder Dosen, bei dem es leicht zu kleinen Verleztungen kommen kann, möglichst anderen überlassen sowie angenehm sitzende Schuhe und Strümpfe und eventuell sogar Schutzhandschuhe tragen. In fortgeschrittenen Stadien kann es aufgrund der Taubheitsgefühle in den Füßen auch zu Stand- und Gangunsicherheiten kommen. Dann sollte auf festes Schuhwerk geachtet werden. Auch Gehhilfen können Stürzen vorbeugen.
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