Multiple Sklerose: Stammzelltransplantation zeigt langfristigen Nutzen
Multiple Sklerose ist bislang nicht heilbar. Zwar gibt es verschiedene Therapien, die den Krankheitsverlauf verlangsamen, aber von einem wirklichen Durchbruch kann noch nicht die Rede sein. Daher setzen viele Patienten, die unter schweren MS-Verläufen leiden, ihre Hoffnungen auf eine Stammzelltransplantation, auch wenn diese mit hohen Risiken verbunden ist und sogar tödlich ausgehen kann. Forscher haben nun in einer Phase-2-Studie den Langzeitverlauf von Patienten untersucht, die alle an einer schubförmig remittierenden MS (RRMS) litten und eine autologe Stammzelltherapie erhalten hatten. Es zeigte sich, dass fast alle Probanden auch fünf Jahre nach der Behandlung ohne weiteren Krankheitsschub waren. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin Neurology veröffentlicht.
Stammzelltransplantation mit hohen Risiken verbunden
Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, bei der T-Zellen das eigene Nervensystem angreifen. Ein Therapieansatz: die dauerhafte Beseitigung dieser autoaggressiven T-Zellen. Möglich wird dies durch eine Stammzelltherapie. Dazu wird zunächst das gesamte Immunsystem durch eine hochdosierte „ablative“ Chemotherapie ausgeschaltet, indem nicht nur die T-Zellen, sondern alle Abwehrzellen sowie andere blutbildenden Zellen des Knochenmarks beseitigt werden. Unmittelbar danach erhalten die Patienten Stammzellen, die ihnen vor der Chemotherapie entnommen worden waren.
Durch die völlige Ausschaltung des Immunsystems birgt dieses Verfahren jedoch hohe Risiken, denn die Patienten sind zwischenzeitlich Krankheitserregern schutzlos ausgeliefert. Zudem besteht das Risiko, dass die Stammzellen kein neues blutbildendes Knochenmark etablieren können. So starben bei der HALT-MS-Studie zwei von 24 Patienten aufgrund von Komplikationen bei der Stammzelltransplantation.
Krankheitsprogression konnte wirksam eingedämmt werden
Bei den anderen Patienten wurden nun die Langzeitfolgen der Therapie untersucht. Es zeigte sich, dass die meisten von ihnen, nämlich 91,3 Prozent, auch noch fünf Jahre nach der Behandlung ohne Krankheitsprogression waren. Bei einigen soll es nach Angaben der Studienautoren um Richard Nash vom Colorado Blood Cancer Institute in Denver sogar zu einer Verbesserung der Symptome gekommen sein.
Experten raten MS-Patienten dennoch, wegen der hohen Risiken erst dann eine Stammzelltherapie in Erwägung zu ziehen, wenn alle anderen Methoden ausprobiert worden sind. Zudem sollte die Therapie unbedingt nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Dennoch stärken die Ergebnisse der aktuellen Studie die Hoffnung, MS bald besser behandeln zu können. Möglicherweise wird es irgendwann möglich sein, eine sogenannte selektive Immunablation zu entwickeln, die bereits in einem frühen Stadium der Erkrankung die autoaggressiven Immunzellen vernichtet, das übrige Immunsystem aber in Ruhe lässt und somit mit weniger hohen Risiken verbunden ist.
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