MPI eröffnet ersten Schwerpunkt für selbstverletzendes Verhalten bei Erwachsenen

Das sogenannte "Ritzen" gehört zu den häufigsten Formen der Selbstverletzungen
Unter selbstverletzendem Verhalten versteht man Handlungen, bei denen es zu einer bewussten Schädigung des eigenen Körpers kommt. Häufig handelt es sich dabei um Schnittverletzungen, das sogenannte „Ritzen“. Aber auch Verbrennungen, Verätzungen oder das Schlagen von Kopf oder Faust an die Wand kommen vor. Immer handelt es sich dabei um ein Symptom einer tieferen psychischen Problematik. Die Betroffenen wollen sich bewusst Schmerz zufügen, meist um andere Gefühle zu überdecken.
Bisherige Therapie-Angebote meist für Jugendliche
Selbstverletzungen werden häufig mit der Borderline-Störung assoziiert, können aber auch Folge anderer psychischer Probleme sein. Neben Erkrankungen wie Depressionen, Zwangs- und Angststörungen sowie einer Posttraumatischen Belastungsstörung können auch mangelnde Selbstregulierungskräfte oder die Unfähigkeit, Gefühle auszuhalten und zu zeigen, ursächlich sein.
Häufig tritt die Störung bei Jugendlichen auf, doch auch Erwachsene leiden darunter. Da sich bisherige Therapieangebote jedoch vor allem an junge Betroffene gerichtet haben, hat das Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI) in München nun den ersten Schwerpunkt in Deutschland speziell für Erwachsene zur Behandlung und Erforschung von selbstverletzendem Verhalten eröffnet.
Therapie wird individuell zugeschnitten
Selbstverletzendes Verhalten beginnt häufig im Kindes- und Jugendalter. Wird die Störung nicht behandelt, leiden Betroffene oft Jahre oder gar Jahrzehnte lang. Das Verhalten lässt sich in der Regel aber gut behandeln, meistens mit einer kombinierten Therapie aus Medikamenten und Psychotherapie. „Wir wenden verschiedene diagnostische, medikamentöse und psychotherapeutische Ansätze an, sie wurden überwiegend in unserer Klinik entwickelt“, erläutert Martin Keck, Chefarzt und Direktor der Klinik am MPI.
Bevor Patienten stationär am MPI aufgenommen werden, sollen sie zwei Wochen lang ein Selbstverletzungstagebuch führen. So lassen sich oft schon am ersten Tag Muster erkennen, an denen die Therapeuten zusammen mit den Patienten arbeiten. „Wichtig ist uns auch die Psychoedukation“, betont der zuständige Oberarzt Bastian Wollweber. „Je besser Patienten verstehen, warum sie sich selbst verletzen und was das mit ihrer Grunderkrankung zu tun hat, desto besser können wir gemeinsam mit ihnen die Therapie gestalten.“
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