
Prostatakrebs ist die häufigste Krebsdiagnose bei Männern. 60.000 Neuerkrankungen kommen jedes Jahr dazu. Forscher der Uni Kiel arbeiten an einem Verfahren, das diesen Krebs mithilfe von intelligenten Viren bekämpfen soll. – Foto: Felix Pergande - Fotolia
In der Erforschung und Therapie von Krebserkrankungen rücken Viren immer stärker in den Mittelpunkt, beobachtet die Deutsche Krebshilfe. Einerseits sind Viren für Krankheiten verantwortlich: Sie lösen Infektionen wie Masern oder Grippe aus; außerdem werden sie für jede sechste Tumorerkrankung weltweit verantwortlich gemacht. Auf der anderen Seite können Viren aber auch nützlich sein – zum Beispiel bei der biologischen Bekämpfung von Krebs. Einer neuen Waffe gegen Prostatakrebs sind derzeit Forscher des Instituts für Biochemie der Universität Kiel auf der Spur. Das Team um Professor Dr. Stefan Rose-John hat gemeinsam mit Forschern der Medizinischen Universität Wien den „gp130-Signalweg“ in Prostatakrebszellen identifiziert. Dieser blockiert das Wachstum des Tumors. Das Problem ist, dass dieses Signal nicht ständig aktiviert ist – der Krebs kann unter diesen Bedingungen wachsen. Genau an dieser Stelle setzen die Kieler Wissenschaftler an.
Lentiviren schleusen Anti-Krebs-Gen in Prostata-Krebszellen
Den Wissenschaftlern ist es bereits gelungen, ein sogenanntes Designer-Gen zu erzeugen, das diesen Anti-Krebs-Signalweg dauerhaft aktiviert. Das Designer-Gen wollen sie in einem nächsten Schritt in die Krebszelle einschleusen. Für den Transport dieses Gens wollen die Wissenschaftler sogenannte Lentiviren gentechnisch verändern. „Lentiviren sind Experten darin, sich in einer fremden Zelle einzunisten, diese unter ihre Kontrolle zu bringen und für ihre eigenen Zwecke zu benutzen", sagt Professor Rose-John. Das macht sie zunächst zu gefährlichen Krankheitserregern. In der Virotherapie kommen jedoch nur harmlose Varianten zum Einsatz.
„Wir bauen die Viren im Labor um, so dass sie keine Krankheiten mehr verursachen können und ausschließlich Prostatakrebszellen befallen: Sie dienen dann einzig und allein dem Einschleusen des nützlichen Gens", sagt Biochemie-Professor Rose-John weiter. Nachdem die Viruspartikel von der Krebszelle aufgenommen wurden, integrieren sie das mitgebrachte Gen direkt in deren Erbgut. Die Forscher hoffen, dadurch den Signalweg dauerhaft anzuschalten und das Wachstum des Tumors zu stoppen.
Viren für Krebsforschung und -therapie immer interessanter
„In den vergangenen Jahren sind Viren verstärkt in den Fokus der Krebsforschung und -therapie gerückt", erklärt Gerd Nettekoven, Vorstandvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Innovative Krebsforschung zu fördern, sieht die Deutsche Krebshilfe als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben an, um neue und effektivere Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene zu entwickeln." Das an der Uni Kiel laufende aktuelle Forschungsprojekt unterstützt die Krebshilfe mit einem Zuschuss von rund 266.000 Euro. In diesem Projekt sollen Viren Krebs bekämpfen helfen. Manche Viren hingegen können Krebs auslösen.
Virotherapie: Wenn Herpes oder Masern Krebs schrumpfen lassen
Schon vor mehr als 100 Jahren stellten Ärzte mit Erstaunen fest, dass zufällige Infektionen bei Krebspatienten bösartige Tumore schrumpfen lassen können. Heute können Wissenschaftler Viren mit gentechnischen Methoden positiv manipulieren: Dann sind diese Viren imstande, Krebszellen anzugreifen. Die Eigenschaft von Viren, in Körperzellen einzudringen und sich dort zu vermehren, kommt diesem krebstherapeutischen Ansatz zugute. Um Fortschritte in der Krebstherapie zu erreichen, wird an unterschiedlichsten Virenarten geforscht, wie beispielsweise an Herpes-, Masern- oder Grippeimpfviren.
Persönliche Beratung bei der Hotline der Deutschen Krebshilfe:
INFONETZ KREBS
Informations- und Beratungsdienst der Deutschen Krebshilfe
Kostenlose Rufnummer: 0800 80708877.
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