Long-COVID: Forscher untersuchen Parallelen zum Fatigue-Syndrom

Erschöpft nach COVID-19-Infektion: Long-COVID hat auffällige Gemeinsamkeiten mit dem Fatigue-Syndrom
Erst eine COVID-19-Infektion, dann dauerhaft geschwächt: Long-COVID ähnelt in vielen Aspekten dem Fatigue-Syndrom, auch Chronisches Erschöpfungssyndrom oder Myalgische Enzephalomyelitis (ME) genannt. Die Betroffenen sind ständig müde und erschöpft, Schlaf bringt keine ausreichende Erholung. Dazu kommen oft Muskelschmerzen, Nervenstörungen und grippeähnliche Symptome, die über Jahre anhalten können. Noch immer stellt das Fatigue-Syndrom die Ärzte vor ein Rätsel. Viele Faktoren stehen als Auslöser unter Verdacht – angefangen bei Infektionen über Hormonstörungen bis zu einer Fehlreaktion des Immunsystems. Dementsprechend kann das Fatigue-Syndrom momentan nur symptomatisch behandelt werden.
Long-COVID als eigenständige Erkrankung anerkannt
Eine schlechte Nachricht für alle COVID-19-Patienten, die nach überstandener Infektion ebenfalls an einer chronischen Erschöpfung leiden. Von „Long Covid“ oder dem „Post-Covid-Syndrom“ sprechen Mediziner in diesem Fall. Inzwischen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Long-COVID als eigenständige Erkrankung anerkannt und die Ähnlichkeit mit dem Erschöpfungssyndrom attestiert.
Der Virologe Dr. Bhupesh Prusty vom Universitätsklinikum Würzburg sucht jetzt nach den Parallelen. Er hat schon länger das Herpes Virus-6 (HHV-6) in Verdacht, Auslöser des Erschöpfungssyndroms und etlicher anderer neurologischer Krankheiten zu sein. Prusty konnte zeigen, dass das Herpesvirus HHV6 sich häufig in das menschliche Erbgut integriert und wieder aktiviert werden kann, wenn das Immunsystem geschwächt ist oder wenn zusätzlich eine Infektion etwa mit Chlamydien auftritt. „Dann greift HHV-6 die Kraftwerke der Zelle an, die Mitochondrien, und verursacht dort Fehlfunktionen. Befallene Mitochondrien erzeugen weniger ATP – Energielieferanten im menschlichen Körper – und zeigen starke Schwankungen in ihrem Kalzium-Haushalt“, erläutert der Forscher. „Gut möglich, dass auch eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus die Herpesviren erneut aktiv werden lässt.“
Aktiviert das Coronavirus ein schlummerndes Herpesvirus?
Genau das will der Virologe nun in seinem Forschungsprojekt untersuchen. „Wir hier in Würzburg haben ein spezielles Arbeitsmodell, um sowohl an Long Covid als auch an der Myalgischen Enzephalomyelitis zu arbeiten“, erkärt Bhupesh Prusty. Mithilfe spezieller Techniken und Verfahren können Prusty und seine Arbeitsgruppe einen genauen Blick in das Innere einzelner Zellen zu werfen und dabei detailliert zu entschlüsseln, zu welchem Zeitpunkt welche Gene aktiviert sind und welche Prozesse sie dabei in Gang setzen. „Auf diese Weise werden wir in der Lage sein besser zu verstehen, wie Krankheitserreger, insbesondere Herpesviren wie HHV-6, spezifische menschliche Zellen einschließlich der Immunzellen verändern, um diese Krankheiten zu verursachen“, sagt Prusty.
Zwei Stiftungen fördern Prustys Forschung zu den Parallelen zwischen Long-COVID und Fatigue-Syndrom mit umgerechnet einer knappen Million Euro.