Kommt bald ein Avastin 2.0 gegen das Glioblastom?

Avastin bei Glioblastom: Eine experimentelle Kombinationstherapie unterbricht die Gefäßneubildung besser
Wirkstoffe wie „Avastin“ verhindern die Bildung neuer Blutgefäße, über die sich die meisten bösartigen Tumoren mit Nährstoffen für ihr aggressives Wachstum versorgen. Die sogenannte Angiogenesehemmung wird auch in der Behandlung des Glioblastoms eingesetzt, dem aggressivsten Hirntumor. Allerdings zeigten sich nicht die erhofften Erfolge: Zwar kann Avastin die Zeit bis zum ersten Rezidiv verlängern, doch das Gesamtüberleben wird dadurch nicht verbessert, wie Studien zeigten. In manchen Fällen kann Avastin sogar dazu führen, dass Zellen aus den Tumorherden in andere Gehirnareale streuen, sich das Glioblastom also weiter ausbreitet. Außerdem wurde beobachtet, dass die Tumore alternative molekulare Signalwege für das Gefäßwachstum aktivieren.
Weiterer Signalweg gehemmt
Forscher der LMU München halten das Prinzip der Angiogenesehemmung jedoch für längst noch nicht abgehakt. In einer Studie mit Mäusen konnten sie die Wirkung von Avastin verstärken und die gefürchteten Nebenwirkungen verhindern, indem sie einen weiteren Signalweg hemmten.
Avastin blockiert den VEGF-Signalweg, den Krebszellen für neues Gefäßwachstum brauchen. Da dies jedoch offenbar nicht ausreichend ist, setzen die Forscher zusätzlich auf den Signalweg um den „Apelin-Rezeptor“, der ebenfalls die Angiogenese in Gang setzt.
Erhöhung der Lebenszeit
In neuen Studien mit Mäusen haben die Neurochirurgischen Forscher nun gezeigt: Ein Apelin-F13A genanntes Mini-Protein (Peptid) kann den Rezeptor besetzen, so dass Apelin nicht mehr daran binden kann. „Der Angiogenese-Signalweg ist damit unterbrochen“, erklärt Dr. Roland Kälin, Leiter „neurovaskulären Projekte“ an der LMU. Behandle man die Mäuse gleichzeitig mit Avastin, sei auch der VEGF-Signalweg gehemmt. „Aber ohne dass Glioblastom-Zellen andere Hirnbereiche besiedeln. Ergebnis letztendlich: Die Lebenszeit der Nager erhöhte sich deutlich“, so Kälin.
Wirkstoffentwicklung im Gespräch
Könnte der Ansatz also auch für Patienten mit Glioblastom sinnvoll sein? Bei den neuen Erkenntnissen handelt es sich um Grundlagenforschung. Kälin hält eine klinische Testung jedoch für durchaus möglich. „So könnte man vielleicht eine lebensverlängernde Wirkung erreichen.“ Noch besser allerdings wäre es, ein sogenanntes „kleines Molekül“ zu entwickeln, das genau wie Apelin-F13A wirkt, aber noch viel stabiler ist. Erste Gespräche mit der Pharmaindustrie haben die Münchner Forscher angebahnt.
Neue Therapieoptionen sind beim Glioblastom dringend geboten, denn die Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt. Da die Tumore diffus ins Gehirn einwachsen, lassen sie sich chirurgisch nicht komplett entfernen. Auch die Chemotherapie und die Bestrahlung können das Tumorwachstum nicht auf Dauer bremsen. Früher oder später kommt es zum Rezidiv. Die mittlere Überlebenszeit liegt daher nur bei etwa 15 Monaten.
Foto: © decade3d - Fotolia.com