In Deutschland herrscht Jodmangel - der kann Folgen haben

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In Deutschland herrscht nach der Definition der WHO wieder Jodmangel. Hauptgrund ist der Rückgang des Gebrauchs von jodiertem Speisesalz in der Lebensmittelverarbeitung, etwa bei Fertiggerichten.
Zu wenig Jod kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben:
Es drohe ein Anstieg von Schilddrüsenvergrößerungen (Kropf) und Schilddrüsenknoten, sagt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) im Vorfeld der 7. Deutschen Hormonwoche im September 2022.
Ohne Jod keine Schilddrüsenhormone
Die gutartigen hyperfunktionellen Knoten ("heiße Knoten") können zu einer Überfunktion der Schilddrüse führen. Zeichen dafür sind Schwitzen, Pulsbeschleunigung, Durchfall, Gewichtsabnahme, Unruhe, Schlafstörungen, Ängste, Konzentrationsstörungen. Aber auch Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern sind mögliche Folgen. Zudem kann Jodmangel die geistige und körperliche Entwicklung des ungeborenen Kindes gefährden, heißt es weiter in einer Pressemitteilung.
Jod ist ein lebenswichtiger Baustein für Gesundheit und Wohlbefinden. Fehlt das Spurenelement, kann die Schilddrüse die Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) nicht herstellen. Sie spielen eine zentrale Rolle etwa bei der Steuerung der körperlichen und geistigen Entwicklung, aber auch beim Protein-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel sowie bei der Regulation des Wärme- und Kälteempfindens.
Lebensmittelindustrie verwendet seltener jodiertes Speisesalz
Doch das Robert-Koch-Institut dokumentiert eine rückläufige Jodversorgung. In der Lebensmittelindustrie werde zwar oftmals sehr viel Salz eingesetzt, jedoch immer seltener die jodierte Variante. Stehen dann häufig Fertiggerichte auf dem Speiseplan, wirke sich das auf die Versorgung aus, sagt Prof. Joachim Feldkamp, Direktor der Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin, Endokrinologie, Diabetologie und Infektiologie am Klinikum Bielefeld.
Die wesentlichen Gründe für den Rückgang sind zum einen der Kostendruck: "Jodiertes Speisesalz ist geringfügig teurer". Hinzu komme die Internationalisierung der Märkte: "Da in verschiedenen Ländern unterschiedliche Regularien zur Möglichkeit der Jodierung von Speisesalz bestehen, wird von den Lebensmittelproduzenten oft der zulassungstechnisch einfachere und kostengünstigere Weg ohne jodiertes Speisesalz eingeschlagen", führt Feldkamp aus.
In Deutschland herrscht wieder Jodmangel - der kann Folgen haben
"Auch wenn etwa 70 bis 75 Prozent der privaten Haushalte jodiertes Speisesalz verwenden, greifen einige Konsumenten vermehrt bewusst zu unjodiertem Salz oder setzen auf kochsalzarme Ernährung", sagt der Experte. Dies führe dazu, dass in Deutschland wieder Jodmangel herrscht - mit Folgen.
Vor allem Frauen sollten während Schwangerschaft und Stillzeit auf eine zusätzliche Jodzufuhr achten. Der beschleunigte Stoffwechsel während der Schwangerschaft erhöhe den Jodverbrauch und führe zu einer höheren Ausscheidung im Urin. Schon ein leichter Jodmangel der Mutter kann den Intelligenzquotienten (IQ) beim Kind beeinträchtigen.
Jod in Schwangerschaft und Stillzeit zuführen
Die DGE rät daher gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin allen Frauen die Supplementierung von Jod in Schwangerschaft und Stillzeit, sagt DGE-Mediensprecher Prof. Stephan Petersenn von der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg. Zurückhaltung mit dem Spurenelement ist jedoch geboten, wenn eine Schilddrüsenüberfunktion oder eine bösartige Schilddrüsenerkrankung vorliegt.
Die empfohlene tägliche Zufuhr an Jod beträgt 150 - 200 Mikrogramm Jod. Schwangere und Stillende dürfen die doppelte Menge erhalten. Eine ausreichende Jodversorgung ist leicht möglich, wenn bewusst auf den Verzehr jodhaltiger Lebensmittel (inklusive jodiertem Speisesalz) geachtet und häufig selbst gekocht wird: "Jodhaltige Nahrungsergänzungsmittel sind in der Regel dann nicht notwendig", sagt Feldkamp.
Auch bei Personen, die auf tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Milch und Eier verzichten, kann eine Supplementierung sinnvoll sein. Um etwa eine Überfunktion der Schilddrüse zu verhindern, sollte auch diese jedoch erst nach ärztlicher Beratung erfolgen.