Impfung gegen MRSA nur noch eine Frage der Zeit?
MRSA-Infektionen sind der Albtraum für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Der Keim aus der Familie der Staphylococcus aureus ist gegen zahlreiche Antibiotika resistent und kann für geschwächte Patienten lebensgefährlich werden. Da die Suche nach neuen Antibiotika derzeit wenig erfolgsversprechend ist, wird parallel nach einem Impfstoff gesucht. Allerdings scheiterten bisherige Ansätze. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die Mechanismen der Immunantwort des Menschen gegen S. aureus bisher nicht ausreichend verstanden sind.
Mechanismus fördert die MRSA-Toleranz
Jetzt konnten Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) das Wissen um die menschliche Immunantwort erweitern. Das Team um die Molekularbiologin PD Dr. Isabelle Bekeredjian-Ding hatte zunächst immunologische Prozesse identifiziert, die eine erfolgreiche körpereigene, gegen den Erreger gerichtete Abwehr verhindern. Ferner hatten sie zeigen können, wie sich diese Bremse des Immunsystems aushebeln und sich das Immunsystem gegen Staphylococcus aureus scharfschalten lässt. „Dies könnte für die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs bedeutsam sein, berichten die PEI-Forscher um PD Dr. Isabelle Bekeredjian-Ding im Fachmagazin „PLOS Pathogens“.
In den T-Zellen liegt der Schlüssel
Gesunde Menschen bilden durchaus eine Immunantwort gegen S. aureus, und zwar mit Hilfe von T-Zellen. Eine Untergruppe davon, die sogenannten CD8-positiven T-Zellen scheinen jedoch ein Doppelspiel zu betreiben. Sie werden zwar zur MRSA-Abwehr gebildet, produzieren jedoch beim Kontakt mit diesen Bakterien Botenstoffe die nicht der Vernichtung des Erregers dienen. Wie die Forscher herausfanden, tragen diese Botenstoffe vielmehr zur Immuntoleranz gegenüber dem Bakterium bei, indem sie sogenannte regulatorische T-Zellen und Typ-2-Helferzellen beeinflussen. „So beeinflusste regulatorische T-Zellen können die Aktivierung des Immunsystems verhindern bzw. bremsen und dadurch die Toleranz des Immunsystems steuern. Sie können also eher dafür sorgen, dass das Bakterium nicht bekämpft wird“, erläutert Bekeredjian-Ding den überraschenden Fund. Neben diesem unerwünschten Effekt fanden die Forscher noch ein weiteres Manko: Kommt der Körper mit S. aureus in Kontakt wird die Produktion des Faktors G-CSF (Granulocyte-Colony Stimulating Factor) angeregt, der bei Entzündungen des Körpers ausgeschüttet wird und entzündliche T-Zell-Antworten hemmt.
Mehr Immunantwort durch Boten-RNA
Den bremsenden T-Zellantworten stehen jedoch auch solche gegenüber, die entzündliche Prozesse in Gang setzen und grundsätzlich die Elimination des Erregers bewirken könnten. Allerdings ist die Zahl der „Kämpfer“ viel kleiner als die der regulatorischen T-Zellen, so dass ihr Effekt nicht zum Tragen kommen kann.
Dieses Ungleichgewicht lässt sich jedoch im Sinne einer stärkeren Immunantwort verschieben. In Experimenten nahmen die Forscher Antigene, deren Bildung durch Übertragung von Boten-RNA (mRNA) des Erregers in bestimmten Immunzellen angeregt wurde. Dadurch ließ sich die für eine Immunabwehr erforderliche T-Zell-Antwort verstärken. Der Einsatz von im Labor erzeugter mRNA als Antigenquelle ist in der Tumortherapie bereits eine etablierte Behandlungsmethode zur Induktion zellabtötender T-Zell-Antworten. Dieses Prinzip könnte nun auch im Kampf gegen MRSA genutzt werden. Bekeredjian-Ding hält es jedenfalls für möglich, mit mRNA-haltigen Impfstoffen die T-Zell-Antworten gegenüber S. aureaus im Körper zu verändern und den Anteil schützender T-Zellen zu erhöhen.
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