Impfnebenwirkungen: Zahlen nach dem ersten Jahr

– Foto: Adobe Stock/Racamani
Am 27. Dezember 2020 begannen die ersten Impfungen gegen Covid-19. Seitdem dokumentiert das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen. Nun hat es in einem Sicherheitsbericht eine erste Bilanz gezogen. Erfasst wurden alle Meldungen bis zum 30. November 2021.
Bis dahin wurden laut Robert Koch-Institut (RKI) 123.347.849 Impfungen durchgeführt, davon 96.606.131 Impfungen mit Biontech/Pfizer, 10.576.131 Impfungen mit Moderna, 12.703.030 Impfungen mit Astra und 3.462.557 Impfungen mit Johnson & Johnson.
Impfnebenwirkungen: Zahlen nach dem ersten Jahr
Insgesamt 196.974 Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen wurden in knapp einem Jahr gemeldet. 113.792 Verdachtsfälle nach Impfung mit Biontech/Pfizer, 28.289 Verdachtsfälle nach Moderna, 46.325 Verdachtsfälle nach AstraZeneca und 7.758 Meldungen nach Johnson & Johnson. In 810 gemeldeten Verdachtsfällen wurde der Impfstoff nicht angegeben.
Die Melderate über Nebenwirkungen betrug für alle Impfstoffe zusammen 1,6 Meldungen pro 1.000 Impfdosen (0,16 Prozent), für schwerwiegende Reaktionen 0,2 Meldungen pro 1.000 Impfdosen (0,02 Prozent). Schwerwiegende Reaktionen sind lebensbedrohend oder tödlich, sie können eine stationäre Behandlung nötig machen oder bleibende Schäden hinterlassen.
Nach 1.919 Impfungen wurde ein Todesfall im Zeitraum von 0 bis 289 Tagen danach gemeldet. Nur in 78 Einzelfällen davon hat das PEI den ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet.
Nach Booster-Impfung weniger Verdachtsfälle
Erste Ergebnisse weisen für die Booster-Impfung mit Biontech/Pfizer oder Moderna auf eine niedrigere Melderate von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen im Vergleich zu den vorausgegangenen Impfungen hin. Die Verträglichkeit der mRNA-Impfstoffe bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren entspricht weitgehend der junger Erwachsener.
Sehr seltene schwere Impfnebenwirkungen
Zu den sehr seltenen schwerwiegenden Impf-Nebenwirkungen zählen Myokarditis und Perikarditis, Anaphylaxie, Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom, Guillain-Barré-Syndrom, Thrombozytopenie und Immunthrombozytopenie und Thrombose.
- Myokarditis und Perikarditis. Studien zeigen ein erhöhtes Risiko insbesondere bei jungen Männern nach der zweiten Dosis eines mRNA-Impfstoffs, eine dänische Studie fand ein leicht erhöhtes Risiko bei jüngeren Frauen. Erste Beschwerden treten wenige Tagen nach der Impfung auf. Die Mehrheit der Patienten spricht gut auf Ruhe und Behandlung an und fühlt sich schnell besser. Das Risiko könnte unter Moderna höher sein als unter Biontech/Pfizer, weswegen die STIKO Biontech/Pfizer für Personen unter 30 Jahren empfiehlt.
- Anaphylaxie. Anaphylaktische Reaktionen sind sehr selten beobachtete Komplikationen aller
vier zugelassenen Covid-19-Impfstoffe. Die Melderate beträgt weniger als 1 Fall pro 100.000 Impfungen. Sie ist bei Frauen etwas höher als bei Männern und bei der ersten Impfdosis höher als bei den Folgeimpfungen. Die anaphylaktische Reaktionen sind vermutlich nicht auf
Immunglobulin-E-vermittelte allergische Sofortreaktionen zurückzuführen, betroffene Patienten könnten daher nach allergologischer Testung zumeist risikoarm erneut geimpft werden. - Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom. Als schwerwiegende, in wenigen Fällen tödliche Nebenwirkung der Vektorimpfstoffe Astra und Johnson & Johnson wurde sehr selten dieses neue Syndrom berichtet: Thrombose mit Thrombozytopenie. Die Thrombosen treten oft an ungewöhnlichen Orten auf, wie in zerebralen Hirnvenen, Milz-, Leber- oder Mesenterialvenen. Bei betroffenen Patienten wurden hohe Konzentrationen von Antikörpern gegen Plättchenfaktor 4 (Anti-PF4-Antikörper) sowie eine starke Aktivierung von Thrombozyten nachgewiesen. Wichtig ist die frühzeitige Diagnose und Behandlung.
- Guillain-Barré-Syndrom. Sehr selten können Personen, die mit Astra oder Johnson & Johnson geimpft wurden, ein Guillain-Barré-Syndrom (GBS) entwickeln. Die Melderate lag bei 0,88 beziehungsweise 1,89 Fällen auf 100.000 Dosen. Hierbei wird durch eine überschießende Autoimmunreaktion die Myelinschicht der peripheren Nerven geschädigt, so dass die Nervenfasern keine Reize mehr übertragen können. Nachweisbar sind oft Autoantikörper gegen Baubestandteile der Nervenmembranen. Folgen sind Lähmungen in Beinen, Armen oder Gesicht, eventuell auch der Atemorgane.
- Thrombozytopenie und Immunthrombozytopenie (ITP). Bei dieser Erkrankung greift das das Immunsystem fälschlicherweise Blutplättchen an, die für eine normale Blutgerinnung benötigt werden. Eine sehr niedrige Anzahl von Blutplättchen kann zu Blutungen führen. Einzelfallberichte weisen auf einen Zusammenhang mit einer Impfung mit AstraZeneca oder Johnson & Johnson hin. Die berichteten Fälle traten meist innerhalb von vier Wochen nach der Impfung auf. Wenn eine Person eine ITP in der Vorgeschichte hat, sollte vor der Impfung das Risiko bedacht werden. Nach der Impfung mit einem dieser Impfstoffe wird eine Überwachung der Blutplättchenzahl empfohlen.
- Thrombose. Die Ergebnisse zum Thrombose-Risiko nach Biontech/Pizer oder AstraZeneca sind uneindeutig. Sicher ist, dass das Risiko nach der Covid-19-Infektion höher ist als nach der Impfung. Uneindeutige Hinweise gab es auch auf ein erhöhtes Risiko venöser Thromboembolien (VTE) nach Johnson & Johnson, ebenso für Sinusvenenthrombosen nach AstraZeneca.