Impfen in Apotheken: Umstrittenes Modellprojekt

Das Modellprojekt Impfen in Apotheken ist bei Experten umstritten
Während alle Welt über die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das neue Coronavirus spricht, steht auch die Grippeschutzimpfung bald wieder an. Da die Impfquoten nach wie vor eher niedrig sind, sollen nun auch Apotheker Impfungen durchführen können – zumindest in einigen Modellregionen. Für diese Neuerung gibt es gute Argumente, aber auch eine einige Bedenken. Selbst unter Apothekern ist das Projekt nicht unumstritten.
Impfen sollte auch in Zukunft eine primär ärztliche Leistung bleiben. Das erklärt Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Dennoch könnten, so Schmidt, Impfungen als „ergänzende Leistungen“ der Apotheken unter bestimmten Umständen seitens des Gesetzgebers gewünscht sein.
Impfquoten sollen erhöht werden
Der Hauptgrund für die Idee, auch Apotheker Impfungen durchführen zu lassen, liegt in den niedrigen Impfquoten, insbesondere beim Grippeschutz. Daher wurde nun gesetzlich festgelegt, dass Apotheker in öffentlichen Apotheken – zunächst im Rahmen von Modellvorhaben – gesetzlich krankenversicherte Menschen gegen Grippe impfen dürfen.
Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat dazu eine Leitlinie und ergänzende Materialien zur Grippeschutzimpfung in öffentlichen Apotheken sowie ein Curriculum für die Schulung der Apotheker verabschiedet.
Ärztekammer Westfalen-Lippe gegen Impfen in Apotheken
Zur Impfung durch Apotheker existieren sehr unterschiedliche Meinungen. So haben sich Mitglieder der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) kürzlich für Grippeschutzimpfungen durch Apotheker ausgesprochen. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe hat hingegen nachdrücklich Kritik an den Modellprojekten geübt. Gemeinsam mit der Ärztekammer veröffentlichte sie eine Erklärung, in der sie das Impfen durch Apotheker als „Gefahr für die Patientensicherheit“ bezeichnete.
„Die Ausübung der Heilkunde ist Nicht-Ärzten ausdrücklich und aus gutem Grund verboten“, sagt der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Dr. Hans-Albert Gehle. Beim Impfen könne es zu Komplikationen wie etwa allergischen Reaktionen kommen, dann sei schnelles ärztliches Notfallhandeln erforderlich.
„Ärzte verfügen nicht nur über die medizinische Qualifikation, die es zur Durchführung einer Impfung benötigt, sie kennen auch die Krankheitsgeschichte ihrer Patienten und können sie kompetent und individuell zur Grippeschutzimpfung und zum Impfen im Allgemeinen beraten“, erklärt Dr. Volker Schrage, zweiter Vorsitzender der KV.
Erstes Modellprojekt startet im Herbst
Schon im Herbst könnte es durch die Aufnahme der Impfungen in die Berufsordnung der AKWL zu Modellvorhaben in Westfalen-Lippe kommen, wenn die Krankenkassen mitspielen. Anderorts ist man sich hingegen schon einig geworden. Der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) und die AOK Rheinland/Hamburg haben beschlossen, dass ab Herbst Apotheken in Nordrhein erstmals gegen Grippe impfen dürfen. Damit wurde der bundesweit erste Vertrag über Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung in den Apotheken beschlossen.
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