Hunderte neue Viren schlummern in Insekten

Wer sucht, der findet: Infektionsforscher haben in Insekten ein riesiges Reservoir an neuen Viren entdeckt
Tiere waren und sind ein Reservoir von Krankheitserregern, die auch für den Menschen gefährlich werden können. Beispiele sind das von Mücken ausgehende Zika-Virus, die Vogelgrippe-Viren oder das Kamel-assoziierte MERS-Virus. Doch das ist nur die Spitze eines Eisbergs. Viele potenzielle Krankheitserreger sind noch gar nicht entdeckt. Das zeigt eine Untersuchung von Wissenschaftlern der Charité und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF).
Jedes Virus kann ein potenzieller Krankheitserreger sein
In Proben von mehr als 1.200 verschiedener Insektenarten haben die Forscher mindestens 20 neue Virusgattungen, bei einigen stehen noch die letzten Prüfungen aus. Insgesamt soll es sich um Hunderte bislang unentdeckter Viren handeln. „Jedes neue Virus, das wir finden, könnte eine bisher unerkannte Ursache von Erkrankungen sein, sowohl beim Menschen als auch bei Nutztieren“, erklärt DZIF-Forscher Prof. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie am Campus Charité Mitte. Darum sei es wichtig, die potenziellen Krankheitserreger zu kennen. „Je mehr Viren wir kennen und in unserer Datenbank speichern, umso leichter können wir die Ursache von neu auftretenden ungewöhnlichen Erkrankungen erkennen“, so Drosten.
RNA-Viren im Fokus der Untersuchung
Für die aktuelle Studie haben die Infektionsforscher die weltweit größte Transkriptom-Datenbank genutzt, um Virusgenome bei Insekten zu untersuchen. Anders als üblich wurde das Augenmerk nicht allein auf Moskitos und andere blutsaugende Insekten gelegt, sondern auf alle Insektenarten.
Bei den untersuchten Viren konzentrierten sich die Forscher dagegen auf Viren mit sogenannter negativer einzelsträngiger Ribonukleinsäure (RNA). Zur Gruppe von RNA-Viren gehören unter anderem die Krankheitserreger von Ebola, Masern, Tollwut und Lungeninfektionen.
Infektionsursachen schneller aufspüren
Die neu gefundenen Viren wurden bereits in Datenbanken gespeichert. Diese Informationen sind dann wichtig, wenn seltene und ungewöhnliche Erkrankungen beim Menschen auftreten, also etwa alle Symptome auf eine Virusinfektion hinweisen, ein Virus jedoch nicht nachgewiesen werden kann. „Wir benutzen dann Hochdurchsatz-Sequenziermethoden, um nach allen Viren zu fahnden, die in den Patientenproben vorkommen“, erklärt Virologe Droste. Sei das entsprechende Virus in der Datenbank hinterlegt, werde der Krankheitsverursacher auch gefunden. „Mit der Erweiterung um die neuen Insektenviren steigen die Erfolgschancen bei der Suche.“
Die Informationen sollen auch helfen, Epidemien zu verhindern. Im Rahmen des DZIF-Projektes „Virusnachweis und Pandemieprävention“ wollen sich die Wissenschaftler auch in den kommenden Jahren weiter auf neu auftretende Viren vorbereiten.
Die aktuelle Arbeit „Reassessing the diversity of negative strand RNA viruses in insects“ wurde soeben in der Fachzeitschrift PLOS Pathogens* veröffentlicht.
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