Hirntumor: Krebsforscher entwickeln Impfung gegen IDH1-mutierte Gliome
Krebsforscher sind bei der Entwicklung einer Impfung gegen unheilbare Hirntumore ein gutes Stück weiter gekommen. Wie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Universitätsklinikum Heidelberg melden, konnte ein neu entwickelter Impfstoff bei Mäusen das Tumorwachstum von Astrozytomen und Oligodendrogliomen stoppen. Beide Tumorarten zählen zu den niedriggradigen Gliomen, die eher langsam wachsen. Dennoch sind diese Hirntumore unheilbar und können sich zu extrem aggressiven Glioblastomen entwickeln.
Bei der Suche nach einer therapeutischen Impfung machten sich die Krebsforscher eine besondere Gemeinsamkeit niedriggradiger Gliome zu Nutze: In über 70 Prozent der Fälle tragen die Tumorzellen ein- und dieselbe Genmutation. Ein identischer Schreibfehler im Erbgut führt dazu, dass im Enzym IDH1 (Isocitrat-Dehydrogenase 1) ein bestimmter Eiweißbaustein ausgetauscht wird: An Position 132 bauen die Krebszellen anstelle der im Original-Bauplan vorgesehen Aminosäure Arginin zumeist ein Histidin ein. „Eine so häufige und hochspezifische Mutation ließ uns Immunologen sofort aufhorchen: Ein solcher Aminosäure-Austausch verleiht dem Protein in den Krebszellen neuartige immunologische Eigenschaften, die von den körpereigenen Abwehrzellen erkannt werden können“, sagt Prof. Dr. Michael Platten vom DKFZ und der Abteilung für Neuroonkologie des Universitätsklinikums Heidelberg.
Das Wachstum der Krebszellen wurde nach der Impfung gestoppt
Im Labor entwickelten die Forscher dann einen mutationsspezifischen Impfstoff – ein aus 15 Bausteinen bestehendes Peptid. Die damit geimpften Mäuse zeigten den Forschern zufolge die gewünschte Immunreaktion. „Nach Impfung der Tiere mit dem Peptid konnten wir Immunzellen und Antikörper nachweisen, die das veränderte IDH1 der Tumorzellen, nicht aber das normale Enzym der gesunden Körperzellen spezifisch erkannten“, erläutert Dr. Theresa Schumacher, Erstautorin der im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie. Die spezifische Immunreaktion nach der Impfung habe dazu geführt, dass das Wachstum von Krebszellen mit der charakteristischen IDH1-Mutation in den Versuchstieren gestoppt wurde. Die Funktion des normalen IDH-Enzyms dagegen, das in allen gesunden Körperzellen eine Rolle im Energiestoffwechsel übernimmt, sei durch die Impfung nicht beeinträchtigt worden, erläutert die Forscherin.
Hirntumor Impfung soll jetzt am Menschen erprobt werden
Die Heidelberger Ärzte sehen gute Erfolgschance, dass eine solche Immuntherapie auch beim Menschen wirksam ist. Laut Michael Platten hätte man bei einigen Patienten mit niedriggradigen Gliomen bereits spontane Immunreaktionen gegen das veränderte IDH1 gefunden. „Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass eine Impfung mit dem Peptid das körpereigene Immunsystem tatsächlich im Kampf gegen die Krebszellen unterstützen kann“, so der Krebsforscher. In einer klinischen Studie der Phase I Studie wollen sie die Impfung nun erstmals bei Patienten einsetzen. In dieser frühen Phase wird zunächst überprüft, wie gut der Impfstoff vertragen wird. Die Studie soll im Januar starten und wird durch das Deutsche Konsortium für translationale Krebsforschung (DKTK) unterstützt.
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