Herzinfarkt: Polypille soll Compliance verbessern

Polypille: Blutdrucksenker, Fettsenker und Gefäßschutz in einem
Experten schätzen, dass jedes Jahr rund 25.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erleiden, weil sie ihre Medikamente nicht richtig einnehmen. Kein Wunder: Viele so genannte Risikopatienten müssen täglich mehrere Pillen schlucken, etwa Blutdrucksenker, blutfettsenkende und gefäßschützende Medikamente, um sich vor Herzinfarkt und Schlaganfall zu schützen. Doch die Fülle an Pillen und Tabletten kann den einen oder anderen Patienten überfordern. Eine mangelnde Therapietreue oder Compliance, wie Ärzte sagen, ist die Folge.
Professor Dr. med. Peter Baumgart, Chefarzt der Klinik Innere Medizin am Clemeshospital in Münster kennt dies aus der klinischen Praxis: „Je mehr Medikamente verordnet werden, desto weniger befolgen die Patienten die entsprechenden Therapievorgaben, da sie häufig überfordert sind." Experten wie Baumgart schätzen, dass in Europa etwa neun Prozent aller auftretenden Schlaganfälle und Herzinfarkte durch falsch oder zu selten eingenommene Medikamente verursacht werden.
Die Compliance sinkt mit der Zahl der verordneten Medikamente
Studien haben indes gezeigt, dass die Therapietreue steigt, wenn weniger Medikamente eingenommen werden müssen. Aus diesem Grund hat die Pharmaindustrie so genannte Polypillen entwickelt, die mehrere Wirkstoffe enthalten. Bisher gab es für Patienten mit Bluthochdruck Polypillen, die aus zwei oder drei Blutdruck senkenden Substanzen bestehen. Neu sind Polypillen, die zusätzlich zu den Blutdrucksenkern fettsenkende und gefäßschützende Medikamente enthalten. "Menschen mit Herzinfarkten, Schlaganfällen und schweren arteriosklerotisch bedingten Erkrankungen müssen so nur eine einzige Tablette einnehmen“, betont Dr. med. Siegfried Eckert vom Herz- und Diabeteszentrum NRW. Der Bluthochdruck-Spezialist ist überzeugt, dass die Kombination mehrerer Substanzen in einer Tablette das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich reduzieren kann.
Datenlage zur Polypille noch ungesichert
Allerdings ist der neue Alleskönner noch nicht hinreichend untersucht. Gesichert sei zwar, dass die neue Polypille den Blutdruck senke und die Patienten vor den Folgen von Bluthochdruck schützen könne. Aber bei welchen Patienten eine Polypille tatsächlich empfehlenswert sei, müsse noch durch weiterführende Studien abgeklärt werden, sagt Eckert. Denn bislang sei noch unklar, wie man mit einer solchen Pille einzelne Substanzen individuell dosieren kann, um bestimmte Zielwerte etwa beim Cholesterin zu erreichen.
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