Genesen oder geimpft: Mit der „Immunkarte“ zurück zu alten Freiheiten

Eingangskontrolle in der Post-Covid-Ära: Mit der „Immunkarte" könnten Menschen mit vollem Impfschutz oder überstandener Covid-Infektion bald ihre Ungefährlichkeit nachweisen und Freiheiten zurückbekommen. – Foto: APO Pharma Immun GmbH/Thalia Budin
Einkaufen oder zum Friseur, ohne sich zuvor einen tagesaktuellen negativen Corona-Test ergattern zu müssen. Nachts wieder ohne triftigen Grund unterwegs sein können. Als Lehrkraft oder Schüler von der Testpflicht befreit sein, die bei Präsenz- und Wechselunterricht gilt. All diese Erleichterungen stellt eine Verordnung des Bundesjustizministeriums gegen Covid-19 Geimpften und davon Genesenen in Aussicht. In der kommenden Woche könnte der Entwurf bereits vom Bundestag verabschiedet werden.
Wer gilt als „geimpft“ und wer als „genesen“?
Als erfolgreich geimpft gilt, wer 14 Tage nach Verabreichung der letzten nötigen Impfdosis die maximale Immunität aufgebaut hat. Erleichterungen greifen ab Tag 15. Als genesen gilt man, wenn nach den ersten Krankheitssymptomen mindestens 14 Tage vergangen sind und mindestens die letzten 48 Stunden symptomfrei waren. Das Ergebnis des PCR-Tests hat ab dem Datum des Testergebnisses sechs Monate Bestand. Ist diese Zeitspanne vorüber, profitieren auch Genesene nicht länger von den Ausnahmen, weil noch keine Sicherheit darüber besteht, wie lange eine Immunisierung nach Covid (oder einer Impfung) am Ende anhält.
Wie kann man die eigene „Ungefährlichkeit“ nachweisen?
Die Frage ist: Wie können Geimpfte und Genese – und damit nicht (mehr) Ansteckungsgefährliche – diesen Gesundheitsstatus jederzeit nachweisen? Eine Variante ist: Wenn man geimpft ist, Impfpass und Personalausweis immer mit sich führen und vorzeigen; oder, wenn man genesen ist, das positive PCR-Testergebnis als Nachweis für eine durchgestandene Corona-Infektion.
Konventioneller Gesundheitsstatus: Impfpass plus Ausweis
Aber ist das auch alltagstauglich und praktisch? Jedes Mal, wenn ein Geimpfter kontrolliert wird, muss der Kontrollierende über Name und Geburtsdatum im Personalausweis die Identität der Person, die vor ihm steht, anhand der Angaben im Impfpass abgleichen und verifizieren. Dann muss er im Impfpass die richtige Seite finden, um in einem nächsten Schritt zu prüfen, mit welchem Impfstoff geimpft wurde, ob eine oder zwei Impfungen nötig waren – und ob seit der letzten Impfung mindestens 14 Tage verstrichen sind. Denn erst ab diesem Zeitpunkt erreicht ein Geimpfter den vollen Schutz – und kann damit nicht nur sich selbst, sondern auch andere nicht mehr anstecken.
Einfacher erscheint auf den ersten Blick das Prüfen des QR-Codes auf dem Smartphone, den Geimpfte beziehungsweise Genesene als Nachweis erhalten und vorlegen können. Aber auch dann muss man den QR-Code jedes Mal tippend suchen. Und was ist zum Beispiel, wenn man im Nachtleben unterwegs ist – und der Handy-Akku zur Neige geht? Als Genesener müsste man das Dokument des negativen PCR-Tests aus dem Portemonnaie hervorkramen – womöglich kleingefaltet auf das Format eines Einkaufszettels. Nach Dauerlösung klingt das nicht.
„Immunkarte“: Corona-Ausweis im Scheckkartenformat
Wie ein alltagstauglicher Ausweis für Corona-Sichere aussehen kann, zeigt ein Beispiel aus Leipzig. Ein aus örtlichen Apotheken hervorgegangenes Startup-Unternehmen hat einen nach eigenen Angaben fälschungssicheren und maschinenlesbaren Covid-19-Immunausweis auf den Markt gebracht. Er ist so groß beziehungsweise klein wie eine EC-Karte. Damit er jederzeit griffbereit ist, kann man ihn sich, wenn man mag, wie einen Dienstausweis mit einem Band einfach um Hals hängen und bei Bedarf zücken. Darauf vermerkt nur das diskrete Minimum an nötigen Informationen: Name, Testdatum und ein QR-Code zur schnellen und maschinenlesbaren Prüfung.
„Die Immunkarte Covid-19 weist fälschungssicher und alltagsfreundlich den Corona-Impf-Status des Trägers aus“, sagt Tamim Al-Marie, Apotheker und Geschäftsführer von des erst vor acht Wochen gegründeten Leipziger Startups „Immunkarte.de“. „Bei jedem Träger der verifizierten Immunkarte können Sie sicher sein, dass er vollständig gegen Covid-19 geimpft ist und praktisch keine Gefahr mehr für seine Mitmenschen darstellt." Die Immunkarte erfülle damit die Anforderungen der neuen, auf Liberalisierung bedachten Corona-Verordnungen in den Bundesländern Bayern, Berlin und Hessen.
Karten-Ausstellung: Impfpass einmal in der Apotheke vorlegen
Ab kommenden Montag (3. Mai) wird die Karte in Partnerapotheken deutschlandweit ausgestellt. Das Apothekenpersonal prüft anhand von Personalausweis und Impfpass (bei Geimpften) beziehungsweise PCR-Test (bei Genesenen) die Echtheit von persönlichen Daten und Gesundheitsstatus. Als erfolgreich geimpft und immunisiert gelten laut dem Entwurf des Justizministeriums diejenigen, die einen Impfnachweis besitzen und bei denen seit der letzten erforderlichen Einzelimpfung mindestens 14 Tage vergangen sind. Bei den meisten Impfstoffen ist das nach der zweiten Impfdosis der Fall. Genesene müssen demnach als Nachweis einer überstandenen Infektion einen PCR-Antikörper-Test besitzen, der mindestens 28 Tage alt ist (da ist ein großzügiges Sicherheitspuffer eingerechnet) und maximal sechs Monate zurückliegt.
Eingangskontrollen mit kürzeren Warteschlangen
Bei Eingangskontrollen im Alltag müssen mit der neuen Immunkarte all diese – nicht unkomplizierten – Daten nicht mehr abgefragt und geprüft werden, was die Prüfung vereinfachen und beschleunigen sowie Warteschlangen verkürzen helfen soll. Der QR-Code auf der Karten-Rückseite kann durch einen einfachen Scan mit der App „Immunkarte" überprüft werden, die in den nächsten Tagen schon im Apple- und Playstore verfügbar sein soll.
Display zeigt Passbild und Unbedenklichkeit in Grün
Auf dem Display des Prüfers erscheinen dann das (bei der Registrierung in der Apotheke abgegebene) Passbild des Kartenträgers zur schnellen Identitätsprüfung – damit nicht bei jeder Eingangskontrolle zusätzlich der Personalausweis kontrolliert werden muss. Außerdem: die Farbe Grün als Zeichen dafür, dass der Impf- beziehungsweise Gesundheitsstatus okay ist.
Immunkarte: Für 19,99 Euro in der Apotheke
Aber nicht jeder Friseur, jedes Restaurant oder jeder Club, die man besuchen will, hat die App gleich zur Verfügung. Sie muss sich ja erst noch verbreiten. Dem Anbieter zufolge kann die Authentizität des Nutzers daher auch mit einem smartphone-üblichen QR-Code-Scanner prüfen, indem er direkt auf die Website von immunkarte.de gelangt. Dies funktioniert bei neueren Geräten, bei älteren nicht in jedem Fall. Alternative wäre ein Download der „Immunkarte"-App, der kostenlos ist. Mit dieser App ist nach Angaben von Geschäftsführer Al-Marie auch eine Fälschungssicherheit garantiert. Der Preis für eine Registrierung in der Apotheke (mit Impfpass für Geimpfte, mit PCR-Test für Genesene) liegt laut Al-Marie bei 19,90 Euro. Das frisch gegründete Start-up „Immunkarte.de" arbeitet momentan mit 75 Apotheken zusammen, ab Mitte Mai soll die Zahl der ausstellenden Apotheken auf über 500 bundesweit anwachsen.
„Immunkarte": Fälschungssicher, aber nicht amtlich
Die Immunkarte aus Leipzig ist keine offizielle oder vom Bundesgesundheitsministerium autorisierte und gar proklamierte Lösung. Und ist eine Lösung, die sich erst noch flächendeckend verbreiten müsste. Auf jeden Fall ist sie ein Beispiel dafür, wie ein praktischer und unverwüstlicher Unbedenklichkeitsnachweis aussehen kann, mit dem Geimpfte beziehungsweise Genesene ohne große Komplikationen ganz praktisch ihren Status nachweisen können – und dadurch wieder in den Genuss von neuen alten Freiheiten gelangen.