Gelenkersatz kann sich auch Jahre nach der OP infizieren

Wachsam bleiben: Durch kleinste Verletzungen kann sich ein Künstliches Knie- oder Hüftgelenk infizieren
Die Deutschen sind Weltmeister beim Gelenkersatz. 440.000 künstliche Hüften und Knie werden hierzulande jedes Jahr implantiert, so viel schafft kein anderes Land. Der Eingriff gilt zwar als sicher. Dennoch erleiden etwa 0,5 bis zwei Prozent aller Patienten eine sogenannte periprothetische Infektion ihres Hüft- oder Kniegelenks. Das bedeutet, die bakterielle Besiedlung der Endoprothese passiert im Rahmen der Operation.
Doch auch noch Monate oder Jahre nach dem Eingriff kann es zu einer Infektion im Hüft- oder Kniegelenksersatz kommen. Dabei rufen die Erreger zunächst eine Entzündung in der Implantatumgebung hervor. Später löst sich der prothesentragende Knochen auf. Schmerzen und eine Lockerung des künstlichen Gelenks sind die Folge.
Bakterien in der Blutbahn lösen Implantatinfekte aus
Solche Implantatinfekte entstehen durch die Zirkulation von Erregern im Blut. „Auslöser dieser über den Blutweg gestreuten Infektionen können größere Entzündungen, etwa von Blase oder Lunge sein“, erläutert Prof. Karl-Dieter Heller von der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik. Als weitere mögliche Ursachen kämen aber auch eher unscheinbare Verletzung beim Heimwerken in Frage oder eine blutig verlaufende Zahnbehandlung. Auch offene Beine oder eine Darmspiegelung, bei der Polypen abgetragen werden, oder künstliche Herzklappen, die sich infiziert haben, könnten eine Infektionsquelle sein.
Kleinste Schnittwunden im Blick behalten
Die Fachgesellschaft rät, auch kleine Wunden, entstanden etwa beim Nägel schneiden, bei der Gartenarbeit, oder beim Spiel mit dem Haustier, immer sofort fachgerecht zu desinfizieren und im weiteren Heilungsverlauf im Auge zu behalten. Treten Beschwerden wie Rötung und Schwellung des Gelenks und vor allem anhaltende Belastungsschmerzen auf, sollten diese umgehend vom Arzt abgeklärt werden.
Normalerweise schützt das Immunsystem den Körper vor einer Ausbreitung von Infekten und eliminiert Keime, die über den Blutweg streuen. Ein Implantat ist jedoch ein unbelebter Fremdkörper, der sich selbst nicht vor der Besiedelung mit Bakterien schützen kann. „Deshalb bleiben Bakterien dort bevorzugt haften. Da sie sich auf der künstlichen Oberfläche ungestört vermehren können, sind sogar schon verhältnismäßig wenige Keime in der Lage, eine ernsthafte Infektion auszulösen“, erläutert Prof. Rudolf Ascherl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik, die Problematik.
Antibiotika meist wirkungslos
Auch Antibiotika können in der Regel nichts gegen die Bakterien ausrichten, da sie sich in einem Biofilm verstecken. Eine realistische Chance, die Infektion durch Antibiotika in den Griff zu bekommen, besteht nur in den ersten drei Wochen nach Beginn der Symptome, bevor sich die Schutzschicht gebildet hat. Darum sollten Beschwerden wie Rötung und Schwellung des Gelenks und vor allem anhaltende Belastungsschmerzen umgehend von einem Facharzt abgeklärt werden.
Die Behandlung eines Protheseninfektes ist anspruchsvoll. Am besten sind Betroffene in einem spezialisierten Zentrum aufgehoben. Allerdings gibt es in Deutschland wenige Einrichtungen, die auf solche Implantat-Infektionen spezialisiert sind.
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