Gebärmutterhalskrebs: Neoadjuvante Chemotherapie verschlechtert Prognose

Bei fortgeschrittenem Gebärmutterhalskrebs sollte weiterhin eine Radio-Chemo-Therapie als Ersttherapie gegeben werden – Foto: fotoliaxrender - Fotolia
Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 4.500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Wird der Krebs, das sogenannte Zervixkarzinom, früh entdeckt, werden die Frauen in der Regel zuerst operiert. Ab dem Stadium IIB wird jedoch in Deutschland immer eine Radio-Chemo-Therapie als Ersttherapie empfohlen. Bei dieser Kombinationstherapie wird parallel zur Bestrahlung das Chemotherapeutikum Cisplatin verabreicht, weil es die Krebszellen strahlensensibler macht. Diese Standardtherapie soll in den fortgeschritteneren Krankheitsstadien das Rückfallrisiko senken.
Heilung ist das Ziel
“Zielsetzung der Behandlung ist auch hier eine Heilung der Patientin“, erklärt Strahlentherapeutin Prof. Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Strahlentherapie DEGRO. Auch in den lokal fortgeschrittenen Stadien ab Stadium III sowie bei Lymphknotenbefall oder Inoperabilität werde die Radio-Chemo-Therapie als erste Therapieoption eingesetzt.
Doch da noch immer viele Frauen an Gebärmutterhalskrebs sterben, wird weiterhin nach neuen Therapieansätzen gesucht. Nun hat eine aktuelle Studie überprüft, ob Patientinnen mit fortgeschrittenem Gebärmutterhalskrebs von einer zusätzlichen Chemotherapie profitieren, die vor der Standardtherapie gegeben wird. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Die neoadjuvante Chemotherapie verschlechterte sogar die Prognose.
Chemo vor Standardtherapie
In die Studie wurden 107 Patientinnen mit einem lokal fortgeschrittenen Tumor (Stadium IIb bis IVa oder Lymphknotenbefall) eingschlossen. Per Zufallsauswahl erhielten sie entweder die Standard-Radiochemotherapie (Kontrollgruppe) oder vorab drei Therapiezyklen einer neoadjuvanten Chemotherapie mit Cisplatin/Gemcitabin gefolgt von der Standardradiochemotherapie, das heißt wöchentlich Cisplatin plus Beckenbestrahlung. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie 3-Jahres-Überleben, sekundäre Endpunkte waren die Ansprechrate, die lokal-regionale Tumorkontrolle über drei Jahre, das 3-Jahres-Gesamtüberleben, Therapiesicherheit und Lebensqualität. Die Nachbeobachtungszeit lag im Schnitt bei 31,7 Monaten.
Ernüchternde Ergebnisse
Während in der Kontrollgruppe nach drei Jahren noch 60 Prozent der Patientinnen ohne Fortschreiten der Erkrankung lebten, war dies nur bei 41 Prozent aus der Chemotherapie-Gruppe der Fall. Dies führte dazu, dass die neoadjuvante Chemotherapie außerdem mit einem schlechteren Gesamtüberleben assoziiert war: 61Prozent gegenüber 87 Prozent in der Kontrollgruppe.
Ein komplettes Therapieansprechen betrug mit neoadjuvanter Chemotherapie und Radiochemotherapie 56,3 Prozent und 80,3 Prozent in der Kontrollgruppe mit alleiniger Radiochemotherapie. Die Nebenwirkungsrate war insgesamt in beiden Gruppen ähnlich; in der Gruppe mit neoadjuvanter Chemotherapie gab es jedoch häufiger einen Abfall des Magnesiumspiegels im Blut sowie chemotherapiebedingte Neuropathien, also eine Schädigung peripherer Nerven, besonders in den Beinen.
Neoadjuvante Chemotherapie nicht bei Gebärmutterhalskrebs
„Eine vorgeschaltete Chemotherapie verbesserte nicht die Therapieergebnisse und sollte daher nicht eingesetzt werden“, fasst DEGRO-Präsident Prof. Fietkau die Studienergebnisse zusammen. natürlich sei es notwendig, Untersuchungen durchzuführen, um Therapieverbesserungen zu erreichen. „Diese werden aber vermutlich nicht durch eine vorgeschaltete Chemotherapie gelingen, sondern durch andere Therapiestrategien wie zum Beispiel eine zusätzliche adjuvante Immuntherapie“, so der Strahlentherapeut. Diese müssten aber noch erforscht werden.
Studie: da Costa SCS, Bonadio RC, Gabrielli FCG et al. Neoadjuvant Chemotherapy With Cisplatin and Gemcitabine Followed by Chemoradiation Versus Chemoradiation for Locally Advanced Cervical Cancer: A Randomized Phase II Trial. J Clin Oncol 2019 Aug 26:JCO1900674. doi: 10.1200/JCO.19.00674. [Epub ahead of print]
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