Frühere Corona-Infektion schützt vor neuer BA.5-Variante kaum

Das Spike-Protein der Omikron-Variante besitzt mehrere Mutationen (rot). Sie erhöhen deren Resistenz gegenüber Antikörpern. – Foto: Deutsches Primatenzentrum GmbH/Markus Hoffmann
Immer, wenn neue Varianten – oder Untervarianten – des Coronavirus auftauchen, stellen sich Experten wie Laien dieselben Fragen: Sind sie gefährlicher oder harmloser? Verdrängen sie ihre Vorgängervariante(n), weil sie infektiöser beziehungsweise verbreitungsfreudiger sind? Und wie gut wirken Antikörper gegen sie, die der Körper nach einer früheren und überstandenen Infektion gebildet hat? Infektionsbiologen von drei deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen kommen jetzt zu dem Schluss: „Infektionen mit den ‚alten‘ Omikron-Untervarianten BA.1 und BA.2 schützen kaum vor der für die Sommerwelle verantwortlichen Sars-CoV-2-Untervariante BA.5“.
Omikron: Schon zwei Monate nach Auftauchen dominant
Das Robert-Koch-Institut (RKI) registrierte die Omikron-Variante des neuartigen Coronavirus in Deutschland erstmals im November 2021. Seit Januar 2022 ist sie im Inland laut RKI klar die dominant. Deren Sub-Typen BA.1 und BA.2 haben die Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2022 bestimmt. In vielen Ländern werden diese Viren nun durch neue Untervarianten verdrängt. Deutschland beschert die Untervariante BA.5 derzeit untypischerweise eine Infektionswelle im Sommer.
Omikron-Typen machen Antikörper weitgehend machtlos
Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) sowie des Leibniz-Instituts für Primatenforschung (DPZ) Göttingen haben in ihrer jetzt publizierten Studie festgestellt, dass verschiedene Untertypen der Omikron-Variante auf Antikörper meist nur schwach oder gar nicht ansprechen – sei es auf therapeutische Antikörper, die in Medikamentenform verfügbar sind, oder auf Antikörper, die der Mensch im Zuge einer Infektion oder Impfung aufgebaut hat.
In Kürze lässt sich sagen:
- Viele therapeutische Antikörper sind gegen die aktuelle BA.5-Variante wirkungslos.
- Wer eine Infektion mit den ersten Subvarianten der Omikron-Variante hinter sich hat, bei dem ist die daraus resultierende Schutzwirkung stark (um den Faktor 18) reduziert.
- Wer dreimal geimpft ist (zwei Impfungen plus Booster), bei dem ist die Schutzwirkung zumindest teilweise verringert (Faktor 2).
Neue Omikron-Subtypen: Tendenz zur „Immunflucht“
Bei den Omikron-Untertypen BA.2.12.1, BA.4 und BA.5 handle es sich damit um „Immunflucht-Varianten“, heißt es in einer Mitteilung des „Deutschen Primatenzentrums“ (DPZ). Eine schon durchgemachte Infektion mit „alten“ Omikron-Untervarianten BA.1 oder BA.2 bietet demnach nur einen eingeschränkten Schutz vor einer nachfolgenden Infektion mit den aktuelleren Subtypen BA.4 oder BA.5.
MRNA-Impfstoff schützt wohl aber vor schwereren Verläufen
Vergleichbares gilt offenbar für Antikörperbildung im Zuge einer Schutzimpfung. „Die Antikörperantwort nach einer Grundimmunisierung und Booster-Impfung mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer hemmte alle Omikron-Untervarianten, allerdings war die Hemmung deutlich geringer als die des Ursprungsvirus, das sich zu Beginn der Pandemie ausgebreitet hat“, sagt ein Co-Autor der Studie, Markus Hoffmann. Dennoch sei davon auszugehen, dass die Impfung dennoch vor einem schweren Verlauf schütze.
Was Virus-Mutationen gefährlich macht
Sars-CoV-2 Varianten entstehen, weil das Virus bei seiner Vermehrung Fehler macht. Diese Fehler führen zu Mutationen, die die viralen Proteine verändern, einschließlich des Oberflächenproteins Spike, das den zentralen Angriffspunkt für die Antikörperantwort darstellt. Führen diese Mutationen zu einer schlechteren Bindung von Antikörpern an das Spike-Protein, können sich diese Varianten auch in Bevölkerungen ausbreiten, die infolge von Impfung oder Impfung und zurückliegender Infektion bereits immunisiert wurden.