Frauenärzte kritisieren ZAVA-Umfrage zur Antibabypille

Macht die Pille bei neun von zehn Frauen Nebenwirkungen? Frauenärzte zweifeln an der Zava-Umfrage
Eine bundesweite Studie der Online-Arztpraxis Zava - ehemals DrEd - kommt zu dem Schluss, dass schätzungsweise rund 1,4 Millionen Frauen in Deutschland ein für sie ungeeignetes Pillenpräparat einnehmen. Für die Studie wurden 751 Frauen nach ihren Erfahrungen mit der Antibabypille befragt. 88 Prozent der Befragten berichteten, schon einmal unter Nebenwirkungen gelitten zu haben. Am häufigsten treten demnach Zwischen- und Schmierblutungen (42 %), Kopfschmerzen oder Migräne (39%) und eine Gewichtszunahme (33 %) auf. Außerdem wurde erfragt, wie viele der Frauen sich mit ihren Symptomen an einen Arzt gewandt haben. 22 Prozent taten dies offenbar nicht.
Ausgehend von Zahlen der Techniker Krankenkasse, wonach etwa sieben Millionen Frauen in Deutschland die Pille einnehmen, kommen die online-Ärzte dann zu ihrer Schlussfolgerung, dass 22 Prozent davon, also 1,4 Millionen Pillenanwenderinnen nicht die passende Pille einnehmen.
Viele Nebenwirkungen, aber keine Kontrollgruppe
Der Berufsverband der Frauenärzte hält die Studie und ihre Ergebnisse jedoch für ziemlich unwissenschaftlich. Das geht aus einer Stellungnahme des Verbands vom Freitag hervor. „Wenn eine Statistik mit einem sehr auffälligen Ergebnis auf einer Umfrage beruht, deren Quelle trotz Nachfragen nicht offengelegt wird, dann gilt es misstrauisch zu werden“, heißt es darin.
Erster Einwand: Es gab keine Kontrollgruppe. So sei völlig unklar, ob die Symptome nicht auch ohne Pilleneinnahme aufgetreten wären. Zum Beispiel litten fast 70 Prozent aller Erwachsenen im Lauf eines Jahres unter Kopfschmerzen, völlig unabhängig von einer Pilleneinnahme. „Hätte die hormonelle Verhütung so häufige Nebenwirkungen, wie die Umfrage es nahelegt, dann wären hormonelle Verhütungsmittel weder zugelassen noch so weit verbreitet“, kommentiert Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte. „Es wurde leider auch nicht abgefragt, ob diese Symptome – wie etwa Akne oder Stimmungsschwankungen – bereits vor der Pilleneinnahme aufgetreten sind oder von der Frau selbst überhaupt mit der Pille in Verbindung gebracht werden“, so Albring weiter.
Kritik am Studiendesign
Zweiter Kritikpunkt: Es sei völlig unklar, wie Zava diese Frauen überhaupt rekrutiert habe. „Wir haben mehrfach bei Zava nachgefragt, wie die Frauen für die Umfrage gewonnen wurden. Zava hat das nicht offengelegt“, kritisiert Frauenarzt Albring. Es sei durchaus denkbar, dass Zava speziell Besucherinnen der eigenen Plattform angesprochen habe, möglicherweise sogar solche, die durch das Ausfüllen des Online-Fragebogens beim Online-Bestellen der Pille gut ins Konzept gepasst hätten. Außerdem sei nicht erfragt worden, wie lange die Frauen vor der Umfrage ihre Pille genommen haben und welches Präparat das war. Albring: „Die Schlussfolgerungen aus der Umfrage sind so offensichtlich unwissenschaftlich und falsch, dass auf sie der Begriff ‚Fake News‘ zutrifft.“
Aus DrEd wurde Zava
Die Ärzte der Online-Arztpraxis Zava raten unterdessen bei regelmäßig wiederkehrenden oder andauernden Beschwerden den Rat eines Gynäkologen einzuholen. Er könne helfen, die Symptome zu lindern oder ein anderes Verhütungsmittel. bzw. anderes Pillenpräparat. verschreiben. Die Online-Arztpraxis wurde 2010 von David Meinertz in London unter dem Namen "DrEd" gegründet, 2011 eröffnet und 2019 in "Zava" umbenannt. Die angestellten Ärzte beraten und behandeln Patienten zeit- und ortsunabhängig per Internet, Telefon und Video in Deutschland und Europa.
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