Erste interdisziplinäre S3-Leitlinie „Kehlkopfkrebs“ erschienen

Kehlkopfkrebs ist die dritthäufigste Krebsart im Kopf-Halsbereich.
In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 4.100 Menschen an Kehlkopfkrebs. Männer sind siebenmal häufiger betroffen als Frauen. Jeder zweite Tumor wird erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Dann sind verschiedene Behandlungsstrategien möglich, die alle sowohl Vorteile als auch Nachteile haben. Um Ärzten eine Entscheidungshilfe an die Hand zu geben, hat das Leitlinienprogramm Onkologie nun erstmals eine interdisziplinäre S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge beim Kehlkopfkrebs (Larynxkarzinom) vorgelegt. Beteiligt waren rund 20 Fachgesellschaften und Organisationen.
Therapie der individuellen Situation anpassen
„Vor allem die Entscheidung über ein an die spezielle Situation angepasstes Therapieverfahren beim Kehlkopfkrebs erfolgt bislang immer noch sehr unterschiedlich“, erklärt Leitlinien-KoordinatorProf. Friedrich Bootz von der Universitätsklinik Bonn, der Koordinator der Leitlinie. „Die Leitlinie legt die Grundlage für eine verbesserte Entscheidungsfindung über die optimale Behandlung im individuellen Fall.“
Zunächst hängt die Behandlung stark davon ab, ob der Kelhkopfkrebs operiert werden kann. Grundsätzlich wird dann eine Operation empfohlen. Bei fortgeschrittenen Tumoren kann zusätzlich eine adjuvante Radiotherapie / Radiochemotherapie hinzugefügt werden.
Was tun bei inoperablem Kehlkopfkarzinom?
Bei inoperablen Kehlkopfkarzinomen oder bei Patienten, die keine Operation wünschen, kann eine primäre Radiochemotherapie erfolgen gegebenenfalls – bei Therapieversagen- gefolgt von einer Operation. Auch eine Induktionschemotherapie + Operation / Radiotherapie / Radiochemotherapie kann bei fortgeschrittenen Karzinomen eine therapeutische Option sein.
Die Leitlinie enthält Empfehlungen zur Auswahl und Durchführung dieser verschiedenen Strategien. „Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen, aber nicht metastasiertem Larynx-karzinom ist zum Beispiel das Gesamtüberleben nach primärer Radiochemotherapie statistisch signifikant besser als nach alleiniger Radiotherapie“, weiß Bootz. Deshalb empfehle die Leitlinie in diesen Fällen die Radiochemotherapie als Therapiestandard.
„Die verschiedenen Behandlungsstrategien beim Kehlkopfkrebs sind jeweils mit spezifischen Vor- und Nachteilen verbunden. Vor Behandlungsbeginn ist es deshalb wichtig, im interdisziplinären Dialog für jeden Patienten das individuell bestmögliche Konzept zu ermitteln“, ergänzt Prof. Susanne Singer von der Universitätsmedizin Mainz, die an der neuen S3 Leitlinie mitgewirkt hat.
Schlucken so früh wie möglich trainieren
Da mehrere Funktionen wie Stimmbildung, Schlucken und Atmung beeinträchtigt sein könnten, müsse den Betroffenen die möglichen Störungen, die nach einem solchen Eingriff entstehen können, detailliert erklärt werden. Außerdem sollten die Patienten unter Einbeziehung von Logopäden und Patientenbetreuern der Selbsthilfegruppen frühzeitig über die verschiedenen Reha-Möglichkeiten informiert werden. „Denn die Patienten profitieren zum Beispiel davon, wenn nach der Therapie das Schlucken so früh wie möglich trainiert wird“, so Singer. Das erleichtere auch die berufliche Rehabilitation, die bei Kehlkopfkrebs nach wie vor eine große Herausforderung sei.
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