Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Epilepsie-Operation verspricht Chance auf Heilung

Samstag, 28. Oktober 2017 – Autor:
Wenn Antiepileptika nicht ausreichend wirken, kann eine Operation eine gute Lösung sein. Daten von knapp 10.000 Patienten zeigen, dass viele damit sogar geheilt werden können. Allerdings kommt der Eingriff nur für bestimmte Patienten in Betracht.
Epilepsie-Chirurgie: Je früher desto besser. Doch im Schnitt dauert es 16 Jahre bis Patienten operiert werden

Epilepsie-Chirurgie: Je früher desto besser. Doch im Schnitt dauert es 16 Jahre, bis Patienten operiert werden – Foto: ©Kzenon - stock.adobe.com

In Deutschland leben mehr als 600.000 Patienten mit Epilepsien. Etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen spricht gut auf Antiepileptika an. Die anderen profitieren jedoch nicht von den Medikamenten und erleiden weiterhin epileptische Anfälle. Ärzte sprechen dann von einer Pharmakoresistenz.

Dass eine Operation diesen Patienten helfen kann, das zeigen jetzt Daten von knapp 10.000 Patienten aus der European Epilepsy Brain Bank (EEBB). Demnach gelingt es bei sechs von zehn Patienten, eine Epilepsie durch den chirurgischen Eingriff zu heilen, die Patienten werden also dauerhaft anfallsfrei. Dies war bei 58 Prozent der Erwachsenen und bei 65 Prozent der operierten Kinder der Fall. Die Studienergebnisse sind soeben im „The New England Journal of Medicine“ erschienen. „Die Daten belegen, welchen wichtigen Beitrag die Operation zur Behandlung dieses EU-weit relevanten Krankheitsbilds leisten kann“, sagt Professor Peter Vajkoczy, Direktor der Neurochirurgischen Klinik der Charité.

Operation hängt von Epilepsie-Ursache ab

Voraussetzung für die Operation ist allerdings, dass der Ursprung der Anfälle sicher identifiziert werden kann. Zudem muss der Herd operabel sein. Das ist längst nicht bei allen Patienten der Fall. Experten schätzen jedoch, dass in Deutschland mehrere Zehntausend Patienten für die Epilepsie-Chirurgie in Frage kommen. „Allerdings zögern viele Ärzte und Patienten, weil sie einen hirnchirurgischen Eingriff nur als letzten Ausweg betrachten“, erklärt der Ko-Autor der Studie Professor Holger Lerche, Vorstand am Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung und Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie der Universität Tübingen. Dabei machten moderne Operationstechniken die Epilepsiechirurgie in spezialisierten Zentren zu einem sehr sicheren Verfahren.

Ärzte zögern zu lange

Die Studie bestätigt, dass Ärzte mit einer Überweisung an epilepsiechirurgische Zentren sehr lange zögern. Demnach vergehen zwischen dem erstem Anfall und einer Operation im Schnitt 16 Jahre. Das ist wertvolle Lebenszeit. Drei Viertel aller Epilepsien beginnen bereits im Kindesalter. „Für diese Kinder geht viel berufliche und soziale Perspektive verloren, wenn eine Operation erst als letzte Behandlungsoption nach dem Scheitern jeder Arzneimitteltherapie betrachtet wird“, bedauert Lerche.

Wann also sollten Ärzte ihre Patienten an Neurochirurgen überweisen? Nach der Definition der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE) gilt ein Patient dann als bereits als pharmakoresistent, wenn Behandlungsversuche mit mindestens zwei Medikamenten in ausreichender Dosierung scheitern. Danach sinken die Chancen erheblich, mit weiteren Medikamenten noch eine Anfallsfreiheit zu erreichen. „An dieser Stelle sollte eine Überweisung an ein Epilepsiezentrum erfolgen, um die Möglichkeit eines epilepsiechirurgischen Eingriffs zu prüfen“, sagt Lerche. Je früher dieser erfolge, desto höher seien die Chancen auf Heilung.

Die European Epilepsy Brain Bank wird von der EU finanziert. Seit 2006 werden dort die Informationen von operierten Patienten aus 36 Epilepsiezentren in 12 Ländern zentral erfasst.

Foto: © Kzenon - Fotolia.com

Hauptkategorien: Medizin , Gesundheitspolitik
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Epilepsie , Neurochirurgie

Weitere Nachrichten zum Thema Epilepsie-Chirurgie

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Interview mit Dr. med. Axel Panzer, Neuropädiater und Leiter des Epilepsie-Zentrums an den DRK Kliniken Berlin I Westend
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin