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Diabetes bei Kindern oft nicht erkannt

Freitag, 20. September 2019 – Autor: anvo
Wenn Kinder unter Diabetes leiden, handelt es sich in der Regel um einen Diabetes Typ 1, obwohl auch der Typ 2 immer häufiger auftritt. Ein großes Problem ist, dass die ersten Symptome eines Diabetes Typ 1 oft nicht erkannt werden. Diabetologen fordern daher mehr Aufklärung bei den Eltern.
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Viele Eltern wissen nicht, welche Symptome auf einen Diabetes hinweisen könnten – Foto: ©Maya Kruchancova - stock.adobe.com

Der Diabetes mellitus Typ 1 ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. „In Deutschland leben etwa 32.500 Kinder und Jugendliche im Alter bis 19 Jahren mit Typ-1-Diabetes. In den kommenden 20 Jahren rechnen wir mit einer Verdoppelung der Neuerkrankungsrate“, sagt der Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Professor Dr. med. Andreas Neu. „Obwohl viele Menschen wissen, was Diabetes ist, sind die Symptome für Diabetes bei Kindern eher unbekannt", so Neu weiter. Häufig führe erst die Diabetische Ketoazidose (DKA), eine mitunter lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung, zur Diagnose.

Abhilfe schaffen könnten staatlich geförderte Aufklärungsprogramme, die Eltern und Erzieher über die Symptome der Erkrankung informieren. Anlässlich des Weltkindertages am 20. September fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) daher, eine systematische Aufklärung in die kinderärztliche Betreuung mitaufzunehmen.

Durst und Müdigkeit können Symptome sein

Typische Anzeichen für einen Diabetes mellitus Typ 1 sind ein ständiges Durstgefühl, häufiges Wasserlassen, Gewichtsabnahme und Müdigkeit. Werden diese Anzeichen übersehen und erfolgt keine Behandlung, schreitet der durch die Autoimmunerkrankung bedingte Insulinmangel weiter fort. Es häufen sich die organischen Säuren Acetessigsäure und β-Hydroxybuttersäure (Ketonkörper) im Blut an und vermindern dessen pH-Wert: Der Körper entwickelt eine Diabetische Ketoazidose.

Die Symptome hierfür sind Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Bauchraum, Durst und Schwäche. Für Angehörige erkennbar ist dies auch durch einen starken Acetongeruch des Atems. Unbehandelt können die Kinder und Jugendliche ins Koma fallen. Diese akute Verschlechterung ist potentiell lebensgefährlich.

Zu wenige Eltern kennen die Anzeichen

Für Neugeborene mit einer erhöhten genetischen Veranlagung für Typ-1-Diabetes existiert bereits das kostenlose Präventionsprogramm „Freder1k“. Die Früherkennungsuntersuchung der Globalen Plattform zur Prävention des autoimmunen Diabetes (GPPAD) wird im Rahmen des regulären Neugeborenen-Screenings schon in den ersten Lebenstagen oder bei einer der ersten Vorsorgeuntersuchungen vorgenommen.

„Derzeit richtet sich das Angebot jedoch nur an Neugeborene bis zum Alter von vier Monaten aus Bayern, Niedersachen und Sachsen“, erklärt Dr. med. Martin Holder, Leitender Oberarzt der Pädiatrischen Abteilung des Klinikums Stuttgart. „Wenn bereits ein Elternteil oder ein Geschwisterkind an Typ-1-Diabetes erkrankt ist, können auch Babys aus ganz Deutschland an der Untersuchung teilnehmen.“

DDG-Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer begrüßt solche Vorsorgemaßnahmen und mahnt mit Blick auf die weiterhin hohe Zahl an DKA-Vorfällen jedoch zu großer Vorsicht. „Offenbar reichen Präventionsprograme in der Kinderarztpraxis alleine nicht aus. Idealerweise erkennen bereits Eltern oder Angehörige erste Symptome einer Diabetes-Erkrankung, um dann rasch handeln zu können“, betont Kellerer. Über erste Anzeichen von Typ-1-Diabetes sollte daher intensiver informiert werden.

Mehr Aufklärung gefordert

Aufklärungskampagnen können dabei helfen, dass Eltern eine Diabetes-Erkrankung ihrer Kinder schneller erkennen. Das haben Studien gezeigt. Auch die Informationskampagne „Stuttgarter Ketoazidose Präventionsprojekt“ zeigt, dass Aufklärung zu einem deutlichen Rückgang von DKA-Fällen führt. „Die schweren Stoffwechselentgleisungen konnten nahezu halbiert werden“, so Holder, der das Projekt mitverantwortete. „In Anbetracht dieser Erfolge empfehlen wir, dass in den Kinderarztpraxen systematisch aufgeklärt wird. Dies kann beispielsweise in Form von bundesweiten Infoflyern im Rahmen der U6 oder U7a, also nach ein bis drei Jahren, erfolgen.“

Foto: © Maya Kruchancova - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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