Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Deutsche gehen im internationalen Vergleich selten in die Notaufnahme

Sonntag, 22. Oktober 2017 – Autor:
Deutschlands Notaufnahmen sind chronisch überlastet. Doch im internationalen Vergleich suchen die Deutschen selten die Rettungsstellen auf. Das liegt wohl an der guten Primärversorgung.
Notaufnahmen werden auch bei Bagatellen aufgesucht. In anderen Ländern ist das aber noch viel extremer als in Deutschland

Notaufnahmen werden auch bei Bagatellen aufgesucht. In anderen Ländern ist das aber noch viel extremer als in Deutschland

Die Notaufnahmen deutscher Krankenhäuser sind überfüllt, weil sie oft wegen Bagatellerkrankungen aufgesucht werden. Viele sind am Limit angelangt und klagen über chronische Überlastung. Inzwischen hat das Problem politische Dimensionen angenommen und es wird nach einer Neuausrichtung der Notfallversorgung gesucht. Doch schaut man sich Länder wie Großbritannien, Kanada oder die USA an, gehen die Deutschen vergleichsweise selten in die Rettungsstellen, nämlich gerade mal 22 Prozent der Bevölkerung. In Kanada sind es dagegen 41 Prozent und in den USA 39 Prozent. Das sind die Ergebnisse einer globalen Studie von Royal Philips und der George Washington University School of Medicine & Health Sciences. Neben Kanada und den USA wurden Australien, die Niederlande, die Schweiz, Großbritannien und eben Deutschland in die Studie einbezogen.

Die Krux sind zeitnahe Termine beim Arzt

Die Autoren der Studie führen die Unterschiede auf die bessere Primärversorgung in Deutschland zurück. Demnach haben die Kanadier und US-Amerikaner den schlechtesten Zugang zu niedergelassenen Ärzten. Nur 41 bzw. 48 Prozent der Patienten, die schnelle medizinische Hilfe benötigen, erhalten dort noch am selben oder am nächsten Tag einen Termin in einer Arztpraxis. Deutsche Patienten können dagegen in 76 Prozent der Fälle einen zeitnahen Termin vereinbaren. Das könnte auch etwas mit der Ärztedichte zu tun haben: Während in Kanada und in den USA 2,46 beziehungsweise 2,56 Ärzte auf 1.000 Einwohner kommen, belegt Deutschland mit 4,04 den Spitzenplatz.

USA haben das teuerste Gesundheitssystem

Zahlen sagen jedoch wenig über die Behandlungsqualität aus. Schaut man sich die 30-Tage-Mortalitätsrate bei Patienten mit akutem Herzinfarkt an, sieht es in Deutschland nicht mehr so gut aus: Nach der Studie schneiden die USA mit 5,5 Prozent am besten ab. Deutschland hat mit 9,6 Prozent die höchste Sterberate. Allerdings müssen die Amerikaner auch mehr dafür bezahlen: mit Pro-Kopf-Ausgaben von 8.745 US Dollar haben die USA das mit Abstand teuerste Gesundheitssystem. Deutschland liegt mit 4.811 US Dollar pro Kopf im Mittelfeld.

„Die Studienergebnisse legen nahe, dass ein guter Zugang zur Primärversorgung zu einer geringeren Inanspruchnahme von Notaufnahmen führt“, erklärt Dr. Patrick Heiler, Principal Consultant Healthcare Transformation Services bei Philips DACH. Doch selbst wenn Hausärzte schnell und einfach zur Verfügung stehen, heißt das nicht automatisch, dass sie bei gesundheitlichen Problemen auch die erste Anlaufstelle sind. „Indem wir die Beweggründe und Einflussfaktoren für die Nutzung von Notaufnahmen weltweit untersuchen, gewinnen wir wertvolle neue Erkenntnisse über die Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung“, so Heiler.

Darum mögen die Deutschen Notaufnahmen

Im vergangenen Jahr hatten Forscher der Charité-Universitätsmedizin Berlin dazu bereits eine Befragung durchgeführt. Die Beweggründe der Patienten waren demnach schwer verfügbare Haus- und Facharzttermine, Zeitautonomie, die qualitativ hochwertige Versorgung sowie die Möglichkeit multidisziplinärer Untersuchungen während eines Aufenthalts. Darüber hinaus wurde auch die Empfehlung des niedergelassenen Arztes, eine Rettungsstelle aufzusuchen, angegeben.

Foto: pixabay Freie kommerzielle Nutzung

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Notaufnahme , Krankenhäuser , Gesundheitssystem

Weitere Nachrichten zum Thema Notaufnahmen

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin