
Chronische Schmerzen haben meist auch eine psychische Komponente. Eine psychologische Schmerztherapie kann sinnvoll sein – Foto: Stasique - Fotolia
In der Schmerzversorgung ist noch Luft nach oben. Die Deutsche Schmerzgesellschaft kritisiert schon lange eine starke Unter- und Fehlversorgung. Zwar habe die Gesundheitspolitik, beispielsweise mit der Resolution der jüngsten 88. Gesundheitsministerkonferenz der Länder, wichtige Zeichen gesetzt, meint deren Präsident Prof. Michael Schäfer. Doch insgesamt bleibe viel zu tun. „Wir wollen erreichen, dass das Gesundheitssystem für die Schmerzpatienten da ist - oftmals läuft es derzeit leider umgekehrt“, so der Schmerzexperte von der Charité.
Am heutigen Aktionstag gegen den Schmerz finden bundesweit in rund 300 Praxen, Kliniken, Apotheken und Pflegeeinrichtungen Aktionen und Vorträge statt. Als Extra-Service stehen heute in der Zeit von 9:00–18:00 Uhr in einer kostenlosen Telefonhotline (Tel.: 0800-18 18 120) Schmerztherapeuten den Schmerzpatienten Rede und Antwort.
Wie aus akuten chronische Schmerzen werden
Von chronischen Schmerzen geplagt sind Millionen Menschen. Oft lässt sich keine körperliche Ursache finden. Nach derzeitigen Erkenntnissen der Wissenschaft ist Schmerz ein bio-psycho-soziales Geschehen. Dabei spielen Lernprozesse und genetische Faktoren eine ebenso große Rolle wie das soziale Umfeld und die Psyche.
So kann etwa eine degenerative Veränderung der Wirbelsäule jahrelang keine Symptome machen. Kommen Belastungen wie Stress am Arbeitsplatz dazu, kann sich daraus ein Rückenschmerz manifestieren. Da sich durch den Schmerz meist auch das Verhalten ändert – man bewegt sich weniger, nimmt eine verkrampfte Haltung ein - kommt es zu weiteren muskulären Verspannungen, was wiederum noch mehr Schmerzen nach sich zieht. In der ohnehin beruflich angespannten Situation beflügeln die Schmerzen außerdem negative Gedanken. So entsteht ein Teufelskreis, der aus einem anfänglich akuten einen chronischen Schmerz macht.
Psychologische Schmerztherapie hilft, Teufelskreis zu durchbrechen
„Diese sogenannten katastrophisierenden Gedanken respektive psychischen Verarbeitungsprozesse sind eine wichtige Weichenstellung im Übergang von akuten zu chronischen Schmerzen, also von der Stufe, wo aus einem „normalen“ Rückenschmerz ein häufig auftretendes Problem wird“, erklärt die Psychologische Schmerztherapeutin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Regine Klinger.
Bei Klinger lernen Patienten, ihren Schmerz sprichwörtlich zu vergessen. In der schmerzpsychologischen Diagnostik erhebt die Psychologin die psychosozialen Merkmale des aktuellen Schmerzverhaltens und -erlebens erhoben. Die Befunde werden gemeinsam mit den Schmerzmedizinern besprochen und anschließend ein integrativer Therapieplan erstellt. „Die Patienten lernen, dass zum Beispiel Stress, Angst, Unzufriedenheit, hektische, angespannte Lebensweise und überhöhte Leistungsansprüche zu einer Zunahme der Schmerzen führt und wie sie dies verändern können“, sagt Klinger. Parallel zur psychologischen Schmerztherapie wird die medizinische Schmerztherapie durchgeführt und beide Behandlungsteile aufeinander abgestimmt. Klinger: „Hierdurch kann der Teufelskreis von Ängsten vor einer Schmerzzunahme und der dadurch eintretenden Schmerzverstärkung durchbrochen werden.“
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