Charité erprobt Arzneimittel zur Behandlung von Post-Covid und chronischem Fatigue-Syndrom

– Foto: Adobe Stock/Gorodenkoff
Noch fehlen gezielte Therapien zum Post-Covid-Syndrom (PCS) - in der Umgangsprache auch Long-Covid genannt. Ein Teil der Betroffenen leidet am myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS).
Forscher der Charité - Universitätsmedizin Berlin erproben jetzt in ersten klinischen Studien Arzneimittel zur Behandlung dieser Erkrankungen. Das Projekt, an dem auch andere deutsche Universitäten und Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen beteiligt sind, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund zehn Millionen Euro gefördert.
Junge Frauen am häufigsten von Post-Covid betroffen
Jeder Zehnte leidet nach einer leichten bis mittelschweren Covid-19-Erkrankung unter anhaltenden Beschwerden. Halten diese Symptome mehr als vier Wochen an, spricht man von Long-Covid. Als Post-Covid hat die WHO Symptome definiert, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen und mehr als drei Monate andauern.
Am häufigsten sind junge, bis dahin gesunde Frauen betroffen. Wie eine aktuelle Studie der Charité zeigt, entwickelt ein Teil der PCS-Patienten ME/CFS - eine komplexe Erkrankung mit unterschiedlich ausgeprägten körperlichen und geistigen Symptomen.
Betroffene teilweise nicht mehr arbeitsfähig
Dazu zählen Schwäche und Erschöpfung (Fatigue), Belastungsintoleranz, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen sowie Muskel- und Kopfschmerzen. ME/CFS wird in vielen Fällen durch eine Infektionskrankheit ausgelöst, zum Beispiel auch durch die Grippe. Bereits vor der Corona-Pandemie litten in Deutschland schätzungsweise 250.000 Menschen darunter.
"Bislang wissen wir leider noch zu wenig über die genauen Krankheitsmechanismen von ME/CFS und dem Post-Covid-Syndrom. Deshalb existieren auch keine gezielten medizinischen Behandlungen. Entsprechend sind viele Betroffene fortwährend krank und nicht mehr in der Lage, ihren Beruf auszuüben oder ihre Familie zu versorgen. Die Schwerstkranken sind bettlägerig", sagt Prof. Carmen Scheibenbogen, kommissarische Direktorin des Instituts für Medizinische Immunologie der Charité, in einer Pressemitteilung. Sie leitet die nationale Studiengruppe.
Charité erprobt Arzneimittel für Post-Covid und chronisches Fatigue-Syndrom
Ziel ist es, wirksame Therapieansätze zur Zulassung zu bringen, damit sie allen Patienten Verfügung stehen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Erproben von Arzneimitteln, die bereits für andere Krankheiten verfügbar sind, um einen schnellen Fortschritt in der Behandlung von Post-Covid und chronischem Fatigue-Syndrom zu erreichen.
Die Studiengruppe wird zunächst drei Gruppen von Medikamenten untersuchen. Sie richten sich gegen Entzündungen, Durchblutungsstörungen und Autoantikörper - das sind Antikörper, die bestimmte körpereigene Proteine angreifen.
Forscher auch auf der Suche diagnostischen Tests
Außerdem werden alle klinischen Studien von einem umfassenden Biomarker- und Diagnostik-Programm begleitet, denn bislang gibt es noch keine spezifischen diagnostischen Tests für ME/CFS oder PCS. So möchten die Forschenden die Prozesse der Krankheiten noch besser verstehen und herausfinden, welche Faktoren für die Wirksamkeit der Medikamente relevant sind.
"Zunächst werden wir nur Patientinnen und Patienten in unsere Studie aufnehmen können, die an unseren Beobachtungsstudien teilnehmen oder die wir bereits aus unserer Hochschulambulanz kennen", beschreibt Prof. Scheibenbogen den konkreten Ablauf. "In einem nächsten Schritt möchten wir dann größere Studien an verschiedenen Kliniken in Deutschland durchführen und dafür mit der pharmazeutischen Industrie zusammenarbeiten, natürlich auch für die Prüfung weiterer aussichtsreicher Medikamente."