Botox kann auf Dauer Wirksamkeit verlieren

Gegen Botox kann man auch immun werden. Das zeigt eine medizinische Studie in Bezug auf die Behandlung von Bewegungsstörungen – Foto: ©Elnur - stock.adobe.com
Botulinumtoxin – kurz Botox – macht nicht nur Zornesfalten glatt. Auch in der Medizin wird das Nervengift wegen seiner Muskel entspannenden Wirkung bei diversen Indikationen eingesetzt. Neurologisch verursachte Bewegungsstörungen wie Dystonien und Spastiken werden zum Beispiel häufig mit Botulinumtoxin behandelt.
Jetzt berichten Forscher allerdings, dass Botulinumtoxin Typ A, das auch bei Schönheitsbehandlungen eingesetzt wird, mit der Zeit seine Wirksamkeit verlieren kann. Grundlage ist eine Studie mit knapp 600 Patienten, die wegen muskulärer Überaktivitäten mit Botox behandelt wurden.
Jeder achte entwickelte Antikörper gegen Botox
Mindestens 15 Prozent der Studienteilnehmer entwickelten Antikörper gegen das Nervengift. „Dadurch kann die Therapie mitunter erheblich an Wirkung verlieren“, schreiben die Studienautoren um Dr. Philipp Albrecht von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im Fachblatt „Neurology.“
In der Studie waren 596 Patienten eingeschlossen, die drei bis fünf Jahre mit Botulinumtoxin gegen Nacken-Dystonie (Zervikale Dystonie), Lidkrämpfe (Blepharospasmus), krampfhafte unwillkürliche Muskelbewegungen (Tics) in einer Gesichtshälfte (faziale Hemispastik) und anderen Typen von Bewegungsstörungen behandelt worden waren. Alle Studienteilnehmer sprachen noch auf die Therapie an. Insgesamt entwickelten jedoch 14 Prozent neutralisierende Antikörper gegen das Botulinumtoxin, die die Wirkung des Medikaments vermindern können.
Dauer und Dosis entscheidend
Bei der Analyse zeigte sich: Je länger mit Botox behandelt wurde, desto größer das Risiko für die Entwicklung von Antikörpern. Auf die beschriebenen Erkrankungen bezogen lag das Risiko, Antikörper zu entwickeln, bei Personen mit Zervikaler Dystonie, Spastik und anderen Dystonien nach rund 15 Jahren Therapie bei 30 bis 40 Prozent, bei Personen bei Blepharospastik bei rund 15 Prozent. Hauptrisikofaktor war die Höhe der Einzeldosis, schreiben die Autoren. Bei Patienten, die insgesamt über 700 Standardeinheiten bekamen, stieg die Wahrscheinlichkeit für Antikörperbildung.
Höhere Dunkelziffer vermutet
„Das Risiko der Immunisierung lässt sich möglicherweise verringern, indem man die verwendete Dosis so niedrig wie möglich ansetzt und besonders Hochdosisinjektionen vermeidet“, schließt Studienautor PD Dr. Philipp Albrecht aus den Studienergebnissen. Eine Einschränkung der Studienegebnisse räumt er ein. So wurden Patienten von der Studie ausgeschlossen, die aufgrund einer individuellen Wirkungslosigkeit die Therapie mit Botulinumtoxin abgebrochen hatten. Albrecht hält es darum für gut möglich, dass die Raten der Antikörperbildung in Wirklichkeit sogar noch höher liegen.
Der Titel der Originalpublikation lautet: High prevalence of neutralizing antibodies after long-term botulinum neurotoxin therapy. Die Studie, die soeben in der Fachzeitschrift Neurology erschienen ist, gilt als bisher umfangreichste zu diesem Thema.
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