
Die Spitzmaus ist Träger des Borna-Virus 1 – Foto: ©creativenature.nl - stock.adobe.com
In Deutschland sind erstmals Fälle aufgetreten, bei denen Menschen an einer akuten Gehirnentzündung erkrankten, die durch eine Infektion mit dem Borna-Virus 1 (Borna disease virus 1, BoDV-1; Spezies Mammalian 1 Bornavirus BoDV-1) ausgelöst wurde.
Drei der Patienten gehören zu einer Gruppe von Organempfängern, die Organe eines Spenders aus Süddeutschland erhielten. Zwei von ihnen starben. Unabhängig davon infizierten sich zwei weitere Personen mit BoDV-1 - auch sie verstarben, wodurch mittlerweile vier Todesfälle zu beklagen sind.
"Unklar ist bislang, auf welche Weise sich der Spender selbst sowie die zwei weiteren Betroffenen mit dem Virus infiziert haben", erläutert Prof. Hartmut Hengel, Präsident der Gesellschaft für Virologie (GfV). Die Borna-Krankheit ist eine Tierseuche, bei den menschlichen Erkrankungen handele es sich um sehr seltene Einzelfälle. Zurzeit gibt es keine gesicherte antivirale Therapie gegen Bornavirus-Infektionen beim Menschen.
Borna-Virus sorgt für Enzephalitis
Aufgrund der aktuellen Erkenntnisse sollte bei unklaren menschlichen Enzephalitis-Erkrankungen auch auf BoDV-1 untersucht werden, heißt es beim Robert Koch-Institut. Retro- und prospektive Untersuchungen bei Organempfängern sowie bei weiteren ungeklärten Enzephalitis-Fällen sollten die Frage klären, ob Borna-Viren beteiligt sind.
Träger des Borna-Virus ist die Feldspitzmaus. In bestimmten Gebieten ist das Virus endemisch, darauf weist das European Center for Disease Prevention and Control (EDCD) hin. Zu diesen Gebieten zählen Teile von Ost- und Süddeutschland, der Schweiz, Liechtensteins und Österreichs.
Übertragung vom Tier zum Menschen ungeklärt
Der Übertragungsweg vom Tier zum Menschen ist bislang ungeklärt. Das Borna-Virus ist Auslöser der seit dem 19. Jahrhundert bekannten Bornaschen Krankheit. Das ist eine chronisch-fortschreitende Entzündung des Gehirns (Meningoenzephalitis). Hauptsächlich tritt diese bei Pferden und Schafen auf und verläuft oft tödlich.
Eine Infektion mit BoDV-1 lässt sich derzeit nur bei akut erkrankten Personen sicher diagnostizieren. Für die mitunter veröffentlichte These, wonach ein großer Teil der Bevölkerung mit dem Virus infiziert sei und ein Zusammenhang mit dem Auftreten verschiedener neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen bestehe, gibt es nach wie vor keine wissenschaftlich fundierten Beweise, so die GfV.
An dem Nachweis des BoDV-1-Virus waren das Friedrich-Loeffler-Institut, das Robert Koch-Institut und die Universitätskliniken Regensburg, München und Leipzig beteiligt. Ärzte und Labore werden gebeten, dem zuständigen Gesundheitsamt mitzuteilen, wenn das Bornavirus in Zusammenhang mit einer Erkrankung nachgewiesen wurde.
Borna-Virus verursacht Todesfälle
Zwischen 2011 und 2013 waren vier Männer aus Sachsen-Anhalt an einem anderen Typ des Borna-Virus (VSBV-1, Variegated Squirrel Borna Virus 1; Spezies Mammalian 2 Bornavirus) erkrankt. Es handelte sich um Züchter seltener Hörnchen. Die vier verstarben. Zwei Jahre nach dem letzten Todesfall konnte das Virus 2015 in Proben der Patienten und einem Hörnchen nachgewiesen werden.
Die Experten der GfV sehen hohen Bedarf an einer weiteren Erforschung des Virus, um offene Fragen hinsichtlich Verbreitung, Übertragungswege, Frühdiagnostik und Therapie des Virus zu klären. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten, interdisziplinären Projektes „Zoonotic Bornavirus Consortium“ wurden bereits entsprechende Forschungsprojekte begonnen und werden nun weiter intensiviert.
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