Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen wird zunehmend zur Herausforderung

Sonntag, 25. Januar 2015 – Autor: Cornelia Wanke
Die aktuelle Infektion einiger Patienten am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel zeigt: Die Gefahr durch Antibiotikaresistenzen wird zu einer Herausforderung für das deutsche Gesundheitswesen. Darauf hatte kürzlich auch die DAK in ihrem Gesundheitsreport hingewiesen.

Gefahr durch Antibiotika: In Deutschland wird zuviel und falsch verordnet!

„Die zunehmende Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen wird zur gesundheitspolitischen Herausforderung globalen Ausmaßes“, heißt es in einer Pressemitteilung der gesetzlichen Krankenkasse zu ihrem DAK-Gesundheitsreport. Immer mehr Bakterien entwickelten Resistenzen und bedrohten zunehmend die Gesundheit von Patienten im Krankenhaus. „Damit werden Infektionen wieder zur tödlichen Gefahr, weil Antibiotika nicht mehr wirken.“ Die DAK hatte im Herbst vergangenen Jahres erstmals einen Antibiotika-Report vorgelegt, der die Hauptgründe für den häufigen Einsatz der Medikamente analysiert.

Vier von zehn Patienten haben laut Gesundheitsreport im Jahr 2013 Antibiotika eingenommen

Für den Report hat die DAK-Gesundheit anonymisierte Arzneimittel- und Diagnosedaten ausgewertet. Fazit: Vier von zehn DAK-Versicherten haben 2013 Antibiotika eingenommen. Außerdem wurden 3.100 Menschen in Deutschland zu drei Aspekten befragt: ihrem Umgang mit Antibiotika, ihrer Einstellung zu den Medikamenten und ihrem Wissen über Wirkung und Risiken. Ein zentrales Ergebnis: „40 Prozent der Befragten sind nicht gut über die Einsatzgebiete der Wirkstoffe informiert. Sie sind der Meinung, Antibiotika würden auch bei Virusinfekten wirken. Dabei dienen die Medikamente nur der Behandlung bakterieller Infektionen – bei Erkältungen oder Bronchitis beispielsweise sind sie in den meisten Fällen unnötig“, schreibt die DAK. „Fast 30 Prozent der Antibiotika-Verordnungen im vergangenen Jahr waren mit Blick auf die Diagnose fragwürdig.“ Diese Über- und Fehlversorgung habe dramatische Folgen. Das zeigt auch die derzeitige Situation in Kiel, wo sich Patienten mit dem gramnegativen Acinetobacter baumannii, der gegen vier Antibiotikagruppen resistent ist (4 MRGN), infiziert haben sollen. Die Übertragung des Erregers erfolgt durch Schmier- oder Kontaktinfektionen und auch über die Luft. Weiterhin im Fokus stehen laut Eperten auch gefährliche Darmkeime wie Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) und ESBL-bildende Bakterien wie E. coli und Klebsiellen, die zu den häufigsten Verursachern von Blasenentzündungen zählen - aber auch atemwegsrelevante Erreger.

Antibiotika: Die DAK wirbt bei Ärzten und Patienten für einen kritischeren Umgang

Die DAK will nun für den kritischeren Umgang mit Antibiotika sensibilisieren: „Die problematische Erwartungshaltung der Patienten bildet sich offenbar auch im Verordnungsverhalten der Ärzte ab“, sagt Professor Herbert Rebscher, Chef der DAK-Gesundheit. Deshalb starte man eine Informationskampagne. „Denn nur wenn ein Umdenken stattfindet, können wir auch in Zukunft auf die lebensrettenden Medikamente setzen.“

Die Gefahr einer postantibiotischen Gesellschaft, in der Menschen wieder an einfachen Zahninfektionen und Blasenentzündungen sterben, ist auch laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein reales Szenario. Offizielle Schätzungen gingen davon aus, dass bereits heute alleine in Deutschland 7.500 bis 15.000 Menschen an einer  Infektion durch multiresistente Keime sterben. 

Herausfiorderung Antibiotikaresistenzen

Sensibilisiert ist auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das anlässlich der Grünen Woche in Berlin zu einem Forum „Herausforderung Antibiotikaresistenzen - eine ganzheitliche Betrachtung und neueste Erkenntnisse zur Risikowahrnehmung“ eingeladen hatte. „Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland glauben laut einer aktuellen repräsentativen Befragung des BfR, dass Antibiotikaresistenzen am ehesten durch die Tierhaltung verursacht werden“, erklärte Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Antibiotikaresistenzen betreffen aber die Humanmedizin ebenso wie die Tiermedizin und die Landwirtschaft. Die Herausforderungen können nur gemeinsam gelöst werden.“ Ziel müsse es sein, den Antibiotikaeinsatz sowohl in der Klinik und der Allgemeinbevölkerung als auch in der Tierhaltung auf das therapeutisch unbedingt notwendige Maß zu beschränken.

Foto: Fotolia - apops

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik

Weitere Nachrichten zum Thema Krankenhauskeime

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin