
IW: Deutschland hat aktuell keinen Ärztemangel
Laut einer aktuellen Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft müssen sich die Deutschen vorerst keine Sorgen um ihre ärztliche Versorgung machen. Das Institut rechnete vor, dass bis 2015 jedes Jahr rund 6.600 Ärzte aus Altersgründen aus dem Berufsleben ausscheiden. Diesen stehen aber jährlich etwa 10.000 Absolventen der Humanmedizin gegenüber. Ob diese anschließend tatsächlich als Ärzte in Deutschland tätig werden oder wie oft befürchtet ins Ausland abwandern, kann auch das Institut nicht vorhersagen. Allerdings zeigt die Analyse, dass hierzulande derzeit 31.000 Ärzte arbeiten, die mit einem im Ausland erworbenen Abschluss zugewandert sind. Dagegen arbeiten bislang nur bis zu 24.000 in Deutschland ausgebildete Ärzte im Ausland. Das Institut räumt allerdings große Unterschiede in der regionalen Verteilung ein und widerspricht damit zumindest nicht dem Argument von Ärztevertretern, dass es in einigen ländlichen Regionen heute schon zum Teil sichtbare Versorgungsengpässe gibt.
Zuwanderung verhindert vorerst Engpässe
„In Deutschland existieren aktuell weder Anzeichen für einen Arbeitsmarktengpass bei Ärzten noch Evidenz für einen oft beklagten Braindrain von Ärzten ins Ausland“, sagt Studienautor Oliver Koppel vom IW. „Zuletzt kamen auf 1.000 Einwohner mehr als 3,8 praktizierende Ärzte, womit Deutschland bei der Ärztedichte in der internationalen Spitzengruppe liegt.“ Zum Vergleich: Die USA kommen auf einen Wert von 2,46, Japan auf 2,21 Ärzte pro 1.000 Einwohner. Laut IW-Forschern hat sich zwischen 1991 und 2011 die Zahl der Ärzte in Deutschland bei konstanter Bevölkerungszahl um 92.000 bzw. rund 40 Prozent erhöht.
In gut zehn Jahren könnte der demografische Wandel allerdings dann doch zu einem Ärztemangel führen, schreiben die Autoren. So müssen nach dem Jahr 2025 jedes Jahr bereits 9.500 Ärzte ersetzt werden, weil dann so viele jedes Jahr aus Altersgründen aus ihrem Beruf ausscheiden. Hinzukommt, dass künftig mehr Ärzte benötigt werden, schließlich gilt es mehr alte Menschen zu versorgen und die sind nun mal häufiger krank.
Nach Einschätzung der IW-Forscher ist das Problem aber lösbar: „Mit höheren Ausbildungskapazitäten an den Universitäten und veränderte Zulassungsverfahren für angehende Mediziner kann dem Engpass entgegengesteuert werden“, so Oliver Koppel. Außerdem würden sich die in letzter Zeit deutlich erleichterten Zuwanderungsbedingungen für Ärzte aus dem Ausland sehr positiv für Deutschland auswirken.
Bundesweit derzeit 6.000 Arztstellen unbesetzt
Die Bundesärztekammer argumentiert unterdessen mit anderen Zahlen: Laut Ärztestatistik 2012 fehlt es in vielen Regionen an niedergelassenen Haus- und Fachärzten, aber auch in den Krankenhäusern sind demnach heute schon bundesweit mehr als 6.000 Arztstellen unbesetzt. Außerdem arbeiten Ärzte heute weniger Stunden – etwa in Teilzeit. Hinzu kommt laut Ärztestatistik der Bundesärztekammer, dass sich die Zahl der Ärztinnen und Ärzte ohne ärztliche Tätigkeit – soweit sie bei den Landesärztekammern registriert sind – wie in den Vorjahren erhöht hat.
322.000 Ärzte kurativ tätig
In Deutschland gab es im Jahr 2010 insgesamt 373.100 erwerbstätige Humanmediziner. Rund 86 Prozent bzw. 322.000 arbeiten als Arzt in einer Klinik, Praxis oder sonstigen Einrichtung des Gesundheitswesens. Die restlichen 14 Prozent der Humanmediziner gingen im Hauptberuf einer nicht kurativen Tätigkeit nach, beispielsweise in der klinischen Forschung oder als Hochschullehrer.
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