Ab 11. Oktober keine kostenlosen Corona-Schnelltests mehr

Ungeimpfte müssen Corona-Tests ab dem 11. Oktober in der Regel selbst bezahlen. In medizinisch begründeten Ausnahmefällen soll der kostenlose Antigen-Schnelltest jedoch weiterhin möglich sein. – Foto: AdobeStock/Jürgen Fälchle
Noch vor wenigen Monaten gab es in Deutschland nicht genügend Corona-Impfstoff, um alle Impfbereiten zu bedienen. Dafür gab es an vielen Orten im Stadtbild den gratis verfügbaren Corona-Schnelltest – als zweite wichtige, aber dennoch provisorisch gedachte Säule zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Dieser Test war kostenlos – und das war nur gerecht. Denn nicht jeder, der sich impfen lassen wollte, bekam damals mangels Impfstoff auch die Chance dazu. Seit Anfang Juli ist das anders. Seither gibt es genügend Impfstoff – so viel inzwischen, dass einzelne Bundesländer wie Hamburg oder Berlin zehntausende ungenutzte Impfdosen mangels Impfinteresse in der Bevölkerung an den Bund zurückgeben wollen.
Immer mehr Impfungen: Schnelltests werden hinfällig
Für die Bürger sind Schnelltests eine von drei Möglichkeiten, wieder Restaurants, Kultur- oder Sportveranstaltungen zu besuchen. Da nach einer Impfung die Testpflicht wegfällt und bis Oktober jeder die Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen, sollen die Kosten ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus Steuergeldern gezahlt werden. Politisch war dies umstritten, denn es ist eine Abwägung zwischen Gerechtigkeit und Freiheit. Niemand soll zur Impfung genötigt werden – auch nicht durch die Hintertür. Aber wer ein kostenloses Impfangebot des Staates bewusst nicht annimmt oder ablehnt, soll dafür auch die Verantwortung übernehmen.
Tests für Kinder oder Schwangere weiterhin kostenlos
Weil anders als noch vor wenigen Wochen jetzt Impfstoff für alle sogar im Überfluss zur Verfügung steht und jeder die Chance hat, sich kostenlos Impfen zu lassen, sollen die Kosten für Tests künftig nicht mehr von der Allgemeinheit getragen werden. Ab 11. Oktober sollen Ungeimpfte deshalb Corona-Tests grundsätzlich selbst bezahlen. Das hat eine Runde von Spitzenpolitikern aus Bund und Ländern am gestrigen Dienstag beschlossen. Dabei gibt es freilich Ausnahmen: Für Leute, die nicht geimpft werden können und für die keine allgemeine Impf-Empfehlung vorliegt, soll es weiterhin kostenlose Antigen-Schnelltests geben. Dies gilt insbesondere für Schwangere, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Das Aus für die Gratis-Tests für alle begründen Bund und Länder damit, dass sich mittlerweile jeder Bürger in Deutschland impfen lassen könne, der das auch wolle.
Mögliche Gebühren für Schnelltest: Gut zehn Euro
Weil der Impfstoff lange knapp war, finanziert der Bund seit März mindestens einen Schnelltest pro Woche und Bürger. Allein im laufenden Jahr kosteten die Bürgertests den Staat und damit den Steuerzahler bisher rund 3,7 Milliarden Euro, wie aus einer Berechnung des Bundesamts für Soziale Sicherung (BAS) hervorgeht. Bis zu 18 Euro vergütete der Bund den Anbietern bis Ende Juni pro durchgeführtem Test; ab 1. Juli wurden die Kosten auf 11,50 Euro reduziert. Laut Bundesregierung soll künftig bei Tests ein „angemessener Preis" zu entrichten sein. Dieser könnte sich an der zuletzt gezahlten Vergütung für Testanbieter orientieren.
Ethikrat: „Wer Impfung verweigert, hilft der Pandemie"
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, bezeichnete die Einführung kostenpflichtiger Corona-Tests für Ungeimpfte als folgerichtig und nachvollziehbar. Wer sich trotz aller niedrigschwelligen Impfangebote jetzt gegen die Impfung entscheide, der sorge letztlich dafür, dass die Pandemie weitergehe, sagte Buyx in einem Interview mit dem Nachrichtensender Phoenix. Dann sei es „sehr schwer zu begründen und zu sagen: Bitte zahlt mir als Solidargemeinschaft, die ihr euch alle impft, weiter die Tests, damit ich ins Kino oder ins Konzert kann“. Allerdings müsse auch geschaut werden, dass die Bereitschaft zu Tests „nicht komplett in den Keller" gehe. Deshalb müsse die Wirksamkeit dieser Maßnahme im Oktober sehr genau angeschaut werden, ebenso wie die gesamte Pandemielage.
„Staat muss nicht für individuell riskanten Lebenswandel aufkommen“
Auch die Göttinger Medizinethikerin Claudia Wiesemann hält die Entscheidung der Politik für gerechtfertigt. „Die Impfung gegen das Sars-Cov2-Virus stellt für alle Erwachsenen die einfachste und wirksamste Vorbeugungsmaßnahme dar. Da sie verträglich, verfügbar und kostenlos ist, ist der staatlichen Aufgabe, für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, Genüge getan“, sagte Wiesemann gegenüber der ARD-Tagesschau. Der Staat müsse nicht für alle „Folgekosten einer alternativen Entscheidung oder eines individuell riskanten Lebenswandels aufkommen".
Spahn: „Grundrechte nur für Genesene oder Geimpfte“
Für den Fall einer vierten Corona-Welle im Herbst zieht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn weitreichende Beschränkungen für Ungeimpfte in Betracht. Laut einem Schreiben des Ministers an die Bundesländer sollen sich Ungeimpfte im Fall einer verschärften Infektionslage auch nicht mehr frei-testen können. „2G statt 3G“ – steht wörtlich in dem Papier. Die drei Buchstaben „G“ stehen „genesen, geimpft, getestet“ als Voraussetzungen für den Besuch von Restaurants oder Kultur- und Sportveranstaltungen. Spahns strikten Plänen zufolge sollen nur noch Geimpfte und Genesene ihre Grundrechte zurückbekommen – bloß Getestete aber nicht. Die Begründung: „Generell können und müssen Geimpfte und Genesene aufgrund des deutlich reduzierten Risikos für sich und andere nicht mehr den gleichen Beschränkungen unterliegen wie nicht-geimpfte Personen.“