
Das Harz aus dem Weihrauchbaum enthält entzündungshemmende Substanzen – Foto: ©amy_lv - stock.adobe.com
Seit mehreren tausend Jahren wird das Harz des Weihrauchbaums in der traditionellen östlichen Medizin eingesetzt. Auch in der heutigen Naturheilkunde findet es vielfältige Anwendung. Der Grund: Den im Weihrauch enthaltenen Boswelliasäuren wird eine entzündungshemmende, schmerzstillende und antimikrobielle Wirkung nachgesagt. Verschiedene Studien konnten diese Wirkung bereits belegen.
Dennoch ist nach wie vor unklar, in welcher Menge der Extrakt eingenommen werden müsste und worauf das Wirkprinzip beruht. Nun ist Forschern der Universität Jena und der Louisiana State University ein wichtiger Schritt gelungen. Sie haben den molekularen Mechanismus der entzündungshemmenden Wirkung eines Naturstoffs aus Weihrauchharz aufgeklärt.
Weihrauch enthält entzündungshemmende Substanzen
„Das aus dem Stamm des Weihrauchbaumes gewonnene Harz enthält entzündungshemmende Substanzen, die es u. a. für die Therapie von Krankheiten wie Asthma, Rheumatoider Arthritis oder Neurodermitis geeignet machen“, erklärt Professor Oliver Werz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Werz und sein Team gehen bereits seit einigen Jahren der entzündungshemmenden Wirkung von Weihrauchharz und seiner Inhaltsstoffe nach. Jetzt ist es den Forschern gemeinsam mit US-amerikanischen Kollegen gelungen, die molekulare Wirkungsweise der Boswelliasäure im Weihrauchharz aufzuklären.
Eine Schlüsselrolle für die Wirkung des Weihrauchs spielt das Enzym 5-Lipoxygenase. Das Forschungsteam konnte zum ersten Mal die Kristallstruktur dieses zentralen Entzündungsenzyms mit gebundenen Hemmstoffen aufklären und abbilden. Die Kristallstrukturaufnahmen erlauben neben detaillierten Untersuchungen des Enzyms und seiner Wechselwirkung mit Wirkstoffen auch die Entwicklung neuartiger Entzündungshemmer.
Doppelter Effekt durch Boswelliasäure
Die Forscher haben nun den Entzündungshemmer Zileuton (ein synthetisches Präparat, das bei Asthma eingesetzt wird) sowie verschiedene Naturstoffe mit dem Enzym in Verbindung gebracht und die Kristallstrukturen der entstandenen Molekülkomplexe analysiert. Das Ergebnis hat die Forscher zunächst überrascht: Während andere Naturstoffe, ähnlich wie Zileuton, direkt im sogenannten aktiven Zentrum des Enzyms andocken und so in seiner Funktion hemmen, bindet die Boswelliasäure an einer anderen – weit vom aktiven Zentrum entfernten – Stelle des Enzymmoleküls. „Durch diese Bindung kommt es jedoch zu strukturellen Veränderungen im aktiven Zentrum, was die Enzymaktivität ebenfalls hemmt“, erklärt Werz.
Diese durch die Boswelliasäure ausgelösten Strukturveränderungen haben folglich bereits einen entzündungshemmenden Effekt. „Der Einfluss von Boswelliasäure geht aber noch deutlich darüber hinaus“, erklärt Dr. Jana Gerstmeier, Pharmazeutin an der Universität Jena und eine der beiden Hauptautoren der Studie. „Durch die Bindung kommt ein Domino-Effekt zustande, wodurch sich zusätzlich die Spezifität des Enzyms verändert“, so Gerstmeier.
Enzymaktivität wird umprogrammiert
Statt die Synthese entzündungsfördernder Leukotriene zu katalysieren, produziert die 5-Lipoxygenase unter dem Einfluss von Boswelliasäure entzündungsauflösende Substanzen. Gerstmeier: „Das heißt, vereinfacht gesagt, der Weihrauchinhaltsstoff programmiert das Entzündungsenzym zu einem entzündungsauflösenden Enzym um.“
Diese Erkenntnisse, so die Studienautoren, lassen sich nun dazu nutzen, die Boswelliasäuren aus Weihrauch in entsprechenden Krankheitsmodellen zu testen und später vielleicht als Medikament gegen Entzündungserkrankungen zu entwickeln. Zudem könnten dank der neu entdeckten Bindungsstelle an der 5-Lipoxygenase auch weitere potenzielle Arzneistoffe aufgespürt und ihre Wirksamkeit als Entzündungshemmer experimentell getestet werden.
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