
Gemüse und Obst könnten vor geistigem Abbau schützen - vollständig geklärt ist der Zusammenhang aber noch nicht
Ein gesunder Lebensstil kann dazu beitragen, die kognitiven Fähigkeiten länger zu erhalten und Demenzerkrankungen hinauszuzögern. Dazu zählen ausreichend Bewegung, die Reduzierung von Stress, der Verzicht auf das Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum sowie das Achten auf eine gesunde Ernährung. Welche genaue Rolle dabei der Ernährung zukommt und welche Nahrungsmittel besonders gut für das Gehirn sind, konnte jedoch noch nicht hinreichend geklärt werden.
Bisherige Studien zum Zusammenhang von gesunder Ernährung und der Funktion des Gehirns wiesen meist die Schwäche auf, dass sie entweder nur geringe Teilnehmerzahlen aufwiesen oder sich über einen relativ kurzen Zeitraum erstreckten. Zudem ist es häufig schwierig, die verschiedenen Lebensstilfaktoren voneinander zu unterscheiden. Eine neue Studie von Forschern um den Epidemiologen Dr. Chang Zheng Yuan von der Harvard School of Public Health in Boston hat nun zu etwas mehr Klarheit geführt.
28.000 Teilnehmer über fast drei Jahrzehnte beobachtet
Für die Langzeitstudie, die im Fachmagazin Neurology veröffentlicht wurde, haben die Wissenschaftler die Angaben von knapp 28.000 Männern der Health Professionals Follow-up Study (HPFS) ausgewertet. Die Teilnehmer hatten zwischen 1986 und 2002 mehrfach einen umfassenden Ernährungsfragebogen ausgefüllt, in dem sie für 130 Nahrungsmittel angaben, wie häufig sie diese jeweils konsumierten.
Die Forscher der aktuellen Studie interessierten sich vor allem für den langfristigen Obst- und Gemüsekonsum. Zudem fragten sie die Teilnehmer in den Jahren 2008 sowie 2012 nach kognitiven Beschwerden. Zu Beginn des Befragungszeitraums waren die Teilnehmer im Durchschnitt 51 Jahre alt, bei den letzten Befragungen zu den 73 Jahre. Zu diesem Zeitpunkt wiesen 55 Prozent noch keine subjektiven kognitiven Beschwerden auf, 38 Prozent berichteten von moderaten, sieben Prozent von schweren Einbußen ihrer Gedächtnisfähigkeit.
Hoher Gemüse- und Obstkonsum scheint Gehirn zu schützen
Die Auswertung der Studie ergab, dass diejenigen Probanden, die von Problemen mit ihrem Gedächtnis berichteten, über lange Zeit deutlich ungesünder gelebt hatten, als die anderen. So hatten sie sich ihren Angaben zufolge weniger bewegt und waren öfter Raucher. Allerdings waren sie zu Beginn der Studie auch wesentlich älter und wiesen einen erhöhten Blutdruck sowie höhere Cholesterinwerte auf und hatten häufiger einen Diabetes mellitus.
Einen Bezug der Beschwerden zur Höhe des Obst- und Gemüsekonsums konnte dabei zunächst nicht festgestellt werden. Doch nachdem das anfängliche Alter sowie die Gesamtkalorienaufnahme berücksichtigt wurde, zeigte sich ein klarer Zusammenhang: Die Teilnehmer mit dem höchsten Gemüsekonsum, wiesen dabei um 38 Prozent reduzierte Wahrscheinlichkeit für eine starke und eine um 22 Prozent reduzierte Wahrscheinlichkeit für eine moderate Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen auf. Beim Obstkonsum waren es jeweils 21 und 12 Prozent. Als besonders förderlich für die Gehirnfunktionen erwiesen sich unter anderem Blattgemüse, Tomaten und Beeren.
Auch Obstsäfte scheinen protektiv zu wirken
Berücksichtigen die Forscher andere Faktoren wie Rauchen, Bewegung, Alkoholkonsum, Blutdruck oder Gewicht, änderte sich kaum etwas am Zusammenhang von kognitiven Beschwerden und dem Gemüsekonsum, allerdings wurde die Assoziation mit dem Obstverzehr deutlich abgeschwächt.
Erstaunt waren die Studienautoren darüber, dass ein hoher Fruchtsaftkonsum die Häufigkeit der Probleme mit dem Gedächtnis besonders stark reduzierte, und zwar um 35 bzw. 26 Prozent. Interessanterweise schienen Obstsäfte wie Orangensaft vor allem dann protektiv zu wirken, wenn sie in höherem Alter stark konsumiert wurden. Die Forscher vermuten, dass die Karotinoide in den Säften vor allem das alternde Hirn schützen.
Rolle der Ernährung für das Gehirn nicht abschließend geklärt
Fazit: Die Studie liefert neue Hinweise, dass Menschen, die im mittleren Lebensalter viel Gemüse wie Salate, Tomaten oder Beeren zu sich nehmen, damit ihre Gehirnfunktionen schützen können. Dennoch kann auch diese Studie den Zusammenhang nicht eindeutig beweisen, da es sich um eine epidemiologische Studie handelt, die zudem auf subjektiv empfundenen Angaben der Teilnehmer beruhen. Auch kann trotz aller Adjustierungen nicht völlig ausgeschlossen werden, dass der hohe Gemüse- und Obstkonsum ein Marker für einen auch ansonsten gesunden Lebensstil ist.
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