Wechsel von Hüft- und Knieprothesen: Höhere Fallzahlen verbessern Qualität der Behandlung

Der Wechsel eines künstlichen Kniegelenks birgt ein größeres Komplikationsrisiko als die Erstimplantation – Foto: ©stockdevil - stock.adobe.com
Werden bei bestimmten Erkrankungen mehr Patienten in einem Krankenhaus behandelt, kommt es seltener zu Komplikationen. Dies konnte bereits für verschiedene Indikationen belegt werden. Nun hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) zwei neue Studien vorgelegt, die diesen Zusammenhang auch für den Wechsel von Hüft- und Knieprothesen nachweisen. Die Ergebnisse wurden im „Journal of Arthroplaysty veröffentlicht.
Für die Studien hatten die Autoren die Abrechnungsdaten von tausenden bei der AOK versicherten Patienten analysiert, bei denen die Prothese wegen Verschleiß oder Lockerung gewechselt werden musste. Bisher lagen für beide Eingriffe kaum Daten zum sogenannten „Volume-Outcome-Zusammenhang“ vor. Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) der zeigen die Ergebnisse, dass Prothesenwechsel in spezialisierten Zentren durchgeführt werden sollten.
Prothesenwechsel gefährlicher als Erstimplantation
Der Wechsel von Hüftprothesen gilt als deutlich komplikationsträchtiger als die Erstimplantation, denn häufig lässt sich das neue Implantat nach dem Entfernen der alten Prothese schwieriger verankern. Das spiegelt sich in den Ergebnissen wider: Bei jeder siebten Operation musste innerhalb eines Jahres neu operiert werden. 2,6 Prozent der Patienten verstarben innerhalb von 90 Tagen nach dem Eingriff.
Die Studien zeigen nun: In Kliniken, die nur wenige Operationen pro Jahr durchführten, gab es höhere Komplikations- und Sterblichkeitsraten als in den Krankenhäusern mit hohen Fallzahlen. So lag die Revisionsrate in Kliniken mit jährlich 12 oder weniger Fällen um ein Viertel höher als in Kliniken mit mindestens 53 Fällen pro Jahr. Die Sterblichkeitsrate lag sogar um 113 Prozent höher. Auch in Kliniken mit 13 bis 24 Eingriffen pro Jahr waren die Komplikationsraten um 18 bzw. 79 Prozent erhöht.
Risiko für Komplikation um das 1 ½-Fache erhöht
Beim Knieprothesenwechsel zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Gesamtrate der Fälle, in denen innerhalb eines Jahres eine erneute, nicht geplante Operation notwendig war, lag bei 8,5 Prozent. In Kliniken mit hohen Fallzahlen (mehr als 53 OPs pro Jahr) war die Revisionsrate mit 7,4 Prozent deutlich niedriger als in Kliniken mit niedrigen Fallzahlen (weniger als 12 OPs pro Jahr). Hier lag die Revisionsrate bei 9,4 Prozent.
Das entspricht einer Risikoerhöhung in Kliniken mit niedrigen Fallzahlen um das 1,44-Fache. Das Risiko für unerwünschte Ereignisse wie Blutungen oder Infektionen lag in der Gruppe der Kliniken mit den höchsten Fallzahlen (2,4 Prozent) ebenfalls niedriger als in der Gruppe der Kliniken mit den niedrigsten Fallzahlen (3,4 Prozent).
Viele Kliniken führen Prothesenwechsel nur einmal im Monat durch
Hüft- und Knieprothesenwechsel werden in Deutschland in sehr vielen Kliniken durchgeführt. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede bei den klinikbezogenen Fallzahlen. So wurden im Jahr 2017 in mehr als 1.100 Kliniken Hüftprothesen gewechselt. Davon machten 537 Kliniken diese Operation höchstens 12 Mal im Jahr, das heißt im Mittel höchstens einmal im Monat. Bei den Knieprothesenwechseln fallen 621 der insgesamt rund 1.000 Kliniken, die Wechseloperationen durchführen, in diese Kategorie.
Wechsel von künstlichen Gelenken erfordert viel Erfahrung
„Der Wechsel eines künstlichen Hüft- oder Kniegelenks ist ein komplexer medizinischer Eingriff, der viel operative Erfahrung und spezielle medizinische Logistik erfordert“, sagt Studien-Mitautor Professor Andreas Halder, Vizepräsident der DGOOC und Ärztlicher Direktor der Sana Kliniken Sommerfeld.
„Diese planbaren Operationen werden nach dem Aufschub infolge der Coronavirus-Pandemie jetzt schrittweise wieder vermehrt durchgeführt. Die Studien zeigen, dass ein Prothesenwechsel in Kliniken mit höheren Fallzahlen seltener mit Komplikationen verbunden ist und daher in spezialisierten Zentren erfolgen sollte.“
WIdO fordert Nachbesserung bei Mindestmengen-Regelung
Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO, fordert, weiter an der Qualitätsagenda für die Kliniken zu arbeiten und die aktuellen Mindestmengen-Regelungen auszuweiten: „Die Einführung von gesetzlichen Mindestmengen für die Prothesenwechsel an Hüfte und Knie ist überfällig“, so Klauber. Es sei unverständlich, dass nur für die deutlich komplikationsärmere Erstimplantation einer Knieprothese in Deutschland seit 2004 eine gesetzliche Mindestmenge von 50 Eingriffen gilt. Hier müsse dringend nachgebessert werden.
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