Vom Herzchirurgen zum Jungunternehmer

Herzchirurg in Ausbildung und schon kurz vor der Unternehmensgründung: Alexander Meyer zeigt, dass das Konzept des BIH Digital Health Accelerator funktioniert
Alexander Meyers Idee war mehr oder weniger aus der Not heraus geboren. Als angehender Herzchirurg sah er sich auf der Intensivstation des Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) mit unzähligen Messwerten auf den Monitoren konfrontiert – und fühlte sich überfordert. Es sei eine regelrechte Reizüberflutung gewesen, erzählte der junge Mediziner am Dienstag auf einer Pressekonferenz anlässlich des zweiten „BIH Digital Health Accelerator Demo Days“ in Berlin.
Die Messwerte und Kurven müssen nämlich auch richtig interpretiert und priorisiert werden. Welcher Patient braucht am dringendsten Hilfe, weil Komplikationen wie etwa ein Herz-Kreislauf-Versagen drohen, und welcher kann vielleicht noch warten? Es sind die diensthabenden Ärzte, die solche lebenswichtigen Entscheidungen treffen müssen, und zwar oft ganz alleine.
Frühwarnsystem für Intensivmediziner
Meyer kam deshalb auf eine geniale Idee: Eine Software könnte dabei helfen, die Daten im Sinne eines Frühwarnsystems rasch und richtig zu interpretieren. Also machte er sich zusammen mit einem Programmierer an die Arbeit, ein solches System für die herzchirurgische Intensivstation zu entwickeln. Der erste Prototyp läuft derzeit am Deutschen Herzzentrum Berlin im Testbetrieb, zunächst ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken.
„Unser Monitoring-System setzt alle Messwerte in Echtzeit in Bezug zu einander und wertet sie hinsichtlich erster Anzeichen drohender Komplikationen aus – basierend auf der gewaltigen „Erfahrung“ der Messwerte von über 11.000 intensivmedizinische Behandlungen am DHZB, mit denen die künstliche Intelligenz „gefüttert“ wurde“, beschrieb Meyer seine Erfindung.
Bereits Anfang 2020 könnte das Frühwarnsystem in Serie gehen. Ein Investor ist bereits gefunden, der Meyers Idee auf den Markt bzw. auf herzchirurgische Intensivstationen bringen will. Derzeit steht die Gründung seines Start-ups an.
BIH hat den Weg zum Markt geebnet
„Ohne die Unterstützung vom BIH hätte ich das nie geschafft“, betonte Meyer, der zunächst vom Clinician Scientist Programm und dann vom Digital Health Accelerator-Programm des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung / Berlin Institute of Health (BIH) profitierte. „Das „Digital Health Accelerator“-Programm hat das Projekt aus dem rein wissenschaftlichen Kontext geholt und konkrete Wege zur Translation in die Klinik skizziert“, so Meyer.
Weil er gerne Arzt und Wissenschaftler bleiben möchte, ist er froh, dass das BIH einen Geschäftsführer für sein zukünftiges Start Up gefunden hat. Zudem erhielt er neben einer Anschubfinanzierung ein umfassendes Coaching und Mentoring. Beim ersten „BIH Digital Health Accelerator Demo Day“ vor einem Jahr konnte er dann einen Investor von seinem ersten Prototypen überzeugen. Ein besseres Aushängeschild für das beschleunigende Translationsprogramm kann es wohl nicht geben.
Netzwerk der Entrepreneure
Der BIH Digital Health Accelerator will Leute wie Meyer zu Entrepreneuren machen oder mit solchen zusammenbringen, damit aus pfiffigen Ideen Produkte mit Mehrwert werden. „Das Pilotprogramm Digital Health Accelerator des BIH konzentriert sich auf die Überführung von technologischen Konzepten in Prototypen, die einen echten Patientennutzen zeigen und ein interessantes Geschäftsmodell aufweisen“, erläuterte Klaus Nitschke, Leiter des BIH Digital Health Accelerator. „Dabei stehen wir laufend mit Ärzten, Patienten sowie Partnern aus Forschung und Wirtschaft im Austausch“. Ziel sei es, ein Netzwerk für Entrepreneure zu gründen weit über die Stadtgrenzen Berlins hinaus.
Am Dienstag ging das Programm in eine weitere Runde. Sechs Teams von jungen Forschern und Medizinern präsentierten beim zweiten „BIH Digital Health Accelerator Demo Day“ ihre digitalen Innovationen für die Medizin der Zukunft. Die Hoffnung ist groß, dass Investoren anbeißen und die vorgestellten Prototypen zur Marktreife bringen. Oder anders ausgedrückt: dass alles so gut läuft wie bei Alexander Meyer.