
Lärm beeinträchtigt die körperliche und seelische Gesundheit – Foto: Alexandra Gl - Fotolia
Schon mehrere Untersuchungen konnten zeigen, dass Lärm ein ernst zu nehmender Stressfaktor ist und zu erheblichen Gesundheitsbelastungen führen kann. Insbesondere das Risiko von Herz- und Kreislauferkrankungen steigt demnach durch regelmäßige Lärmbelastung an. Nun hat eine Meta-Analyse bestätigt, dass sich die Häufigkeit von ischämischen Herzerkrankungen signifikant mit dem Ausmaß der Belastung durch Verkehrslärm erhöht. Die Ergebnisse der Studie wurden von einem internationalen Forscherteam auf dem Europäischen Kardiologiekongress (ESC) in Barcelona präsentiert.
Nach Ansicht der Autoren handelt es sich bei der Assoziation von Verkehrslärm und Herzerkrankungen um einen kausalen Zusammenhang. Unterstützt wird dies durch Untersuchungen, die eine negative Wirkung von Lärm auf verschiedene Körperfunktionen nachweisen. „Angesichts der Auswirkungen von Lärm auf die Ausschüttung von Stresshormonen und die Schlafqualität scheint ein kausaler Zusammenhang zwischen Verkehrslärm und einer ischämischen Herzerkrankung plausibel“, so die Experten.
Lärm führt zu Schädigungen an den Gefäßwänden
Das Team von Forschern aus den Niederlanden, Schweden, der Schweiz und Spanien hatte eine systematische Analyse von 61 Studien zu kardiologischen und metabolischen Auswirkungen von Lärmbelastung durchgeführt. Die beste Datenlage lag für Straßenverkehrslärm vor; für die Belastung durch Zug- oder Flugzeuglärm war die Evidenz weniger gut belegt.
Bei der Analyse aller Daten errechneten die Forscher einen signifikanten Anstieg des Erkrankungsrisikos durch Straßenverkehrslärm. Dabei konnte eine eindeutige Dosis-Wirkung-Relation nachgewiesen werden: Je höher die Lärmbelastung war, desto größer war das Risiko für eine Herzerkrankung. Die Studien zeigten sogar, dass die Folgen einer kontinuierlichen Belastung durch Verkehrslärm tödlich sein können.
Zudem konnten einige Analysen auch Erklärungen für diese Wirkung finden: So wies die Arbeitsgruppe Lärmwirkungsforschung an der Universitätsmedizin in Mainz um Professor Thomas Münzel in einem experimentellen Modell Zusammenhänge zwischen Lärmbelastung und einer Dysfunktion des Endothels, der Innenwand der Blutgefäße, nach. Eine Endotheldysfunktion gilt als wichtige Ursache von schweren kardiovaskulären Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. „Gemäß einem 2014 publizierten Modell tötet Lärm sowohl durch direkte als auch indirekte Wirkungen. Gemeinsam ist beiden, dass sie Stressreaktionen im Organismus verursachen“, so Münzel.
WHO-Richtlinie soll geändert werden
Dass verschiedene Umweltwelteinflüsse wie Lärm oder Luftverschmutzung auch die kardiovaskuläre Gesundheit stark beeinträchtigen können, ist nicht nur zunehmend Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten, sondern beschäftigt verstärkt Organisationen wie die WHO, die Europäische Gesellschaft für Kardiologie ESC oder die DGK. Laut Schätzungen der WHO gehen in Westeuropa pro Jahr eine Million gesunde Lebensjahre durch Lärm verloren. Die aktuelle Auswertung soll in eine Aktualisierung der Richtlinie der WHO-Region Europa zum Thema Lärmbeeinträchtigung einfließen.
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